Tim Chimooy gefiel es nach kurzer Zeit nicht mehr, in einer gesicherten Existenz, mit gut bezahltem Job und schicker Wohnung in Köln. Er tauschte sein Leben ein gegen ein ungewisses Leben in Unabhängigkeit, mit Reisefreiheit, zunächst in Thailand.

Heute hat er es geschafft und coacht zum einen Menschen, die den gleichen Weg gehen möchten, aber er berät auch klassische Unternehmer darin, diese „Generation Y“, die nicht mehr mit Dienstwagen und Smartphone ins Unternehmen zu locken sind, anzuwerben. Tim erklärt uns auch, welche Hürden er auf seinem Weg überwinden musste.

Hier das Transskript des gesamten Podcasts und vorab die im Interview erwähnten Links:

Links:

Website: earthcity.de

Buch: The $100 Startup von Chris Guillebeau 

Blog von Chris Guillebeau: https://chrisguillebeau.com/

E-Mail: Tim@citizencircle.de

LB: Herzlich willkommen beim Podcast „Produktiv in digitalen Zeiten“. Mein Name ist Lars Bobach, ich gebe Orientierung im digitalen Dschungel, so dass wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Heute sitze ich hier zusammen mit dem Tim Chimoy. Hallo Tim.

TC: Hallo Lars, vielen Dank für die Einladung, ich freue mich sehr.

LB: Ja, ich mich auch. Tim ist digitaler Nomade. Was das genau ist, das wird er uns gleich erzählen. Er ist Rheinländer, er hat aber Wahnsinns Reiselust und hat dann versucht, seine Reiselust mit dem Unternehmertum zu verbinden, daher das digitale Nomadentum und jetzt sprechen wir hier mit ihm, er sitzt nämlich gerade in Thailand in seinem Home-Office. Das ist jetzt in Thailand, also sehr interessant. Ja, Tim, stell Dich der „Produktiv in digitalen Zeiten“ – Community bitte einmal kurz vor. Was Du so machst, was Dich antreibt und auch den privaten Menschen würden wir gerne mal kennenlernen.

TC: Sehr gerne. Also, ich bin eigentlich gelernter Architekt und habe auch eine ganze Weile in dem Beruf gearbeitet. Ich habe Architektur studiert, dann diverse Praktika im Ausland gemacht und wurde damals schon so ein bisschen angefixt, die Welt kennen zu lernen. Und ich hab das dann auch in einem Aufbaustudium nochmal aufgegriffen, habe in Finnland studiert, habe in den USA gearbeitet, in China gearbeitet und irgendwann kam dann aber der Punkt, wo natürlich auch Freunde und Familie gesagt haben, jetzt musst du aber ein bisschen an deiner Karriere feilen und dann hab ich irgendwann einen guten Job angenommen in Köln bei einem Projektsteuerer im Bauwesen. Endlich mal ein bisschen besser bezahlt als bei diesen ganzen Praktika usw. Dann wäre eigentlich die Karriereleiter steil nach oben gegangen, hätte ich das so weiterverfolgt, aber ich habe dann relativ schnell gemerkt, dass das nicht so mein Ding ist, die Corporate-Welt und habe überlegt, wie kann ich denn jetzt wieder meine Freiheit zurückerlangen, die ich die ganzen Jahre vorher hatte? Das ich auch mal verschiedene Länder kennenlernen konnte, von unterwegs arbeiten konnte. Dann habe ich irgendwie damals gelesen von diesen digitalen Nomaden. Da gab es die ersten Blogs vor allem auf Englisch damals nur und das fand ich ganz interessant. Da waren Menschen, die sich selbständig gemacht haben, besonders mit dem Ziel, dass sich so ihre Arbeitswelt, ihr Job, eher nach ihrem Leben richtet und nicht andersrum. Die haben alle irgendwie Wege gefunden, wie sie sich Selbständigkeit aufbauen konnten, aber das Ganze so strukturiert haben, dass sie das weitestgehend online betreiben, um dann von überall arbeiten zu können. Das klang spannend und nachdem ich dann kein ganzes Jahr in diesem Corporate-Job war, habe ich wieder alles geschmissen, habe meine 80 m² Wohnung in der Kölner Innenstadt wieder aufgegeben und habe mich in das Abenteuer Selbstständigkeit gestürzt. Und die Reise geht jetzt seit fünfeinhalb Jahren und das war ein ziemliches up and down, würde ich sagen. Das erste Jahr war wirklich ziemlich schlecht. Mittlerweile geht‘s mir besser als jemals zuvor. Und rückblickend bin ich sehr dankbar, diesen Weg so genommen zu haben.

LB: Lass uns doch mal an dem Weg so ein bisschen teilhaben. Was hast du denn da als erstes gemacht, vor fünfeinhalb Jahren. Wo bist Du denn da hin und was war da so schlecht in dem Jahr?

TC: Ich habe zuerst gekündigt, bevor ich einen konkreten Plan hatte, was ich wirklich machen möchte.

LB: Das zeichnet übrigens den Unternehmer aus, erstmal machen und dann hinterher überlegen, wie es weitergeht.

TC: Rückblickend muss ich sagen, es war auch gut, dass ich es so gemacht habe. Ich denke auch, das ist eine Fähigkeit, die als Unternehmer ganz gut ist so, dass man sich ins kalte Wasser stürzt. Und auch die Brücken hinter sich abbrennt. Für mich war ganz klar, irgendwie muss das funktionieren, ich werde schon irgendwie rauskriegen, wie. Das hat dann aber auch dazu geführt, dass ich für die eben genannte 80 m² Wohnung erstmal die Miete nicht mehr aufbringen konnte und dann erst mal bei Freunden oder bei meinen Eltern sogar teilweise nochmal unterkommt musste. Ich habe aber dann eine Fähigkeit oder einen Skill, wie man so schön sagt, benutzt, das ich schon gelernt habe. Ich bin Architekt und habe natürlich technische Zeichnungen immer schon viel gezeichnet, sogenannte CAD-Pläne. Ich habe mich dann als Freelancer erstmal positioniert und diese technischen Zeichnungen für Architekturbüros erstellt, für Ingenieurbüros und habe dann da so versucht, meine Nische zu finden. Im ersten Jahr hat das aber nicht so gut geklappt. Da habe ich wirklich von der Hand in den Mund gelebt und hatte einfach das Problem, dass ich das Thema Akquise noch nicht so richtig verstanden habe, dass kennen wahrscheinlich …

LB: Das hast Du aber alles noch aus Deutschland gemacht, da warst Du hier noch im Rheinland oder wo?

TC: Ja, genau. Da saß ich noch irgendwo zwischen Köln und Wuppertal. War übrigens auch ein wichtiges Thema, wo ich dann schnell gemerkt habe, die Menschen in meinem Umfeld verstehen das nicht so richtig, was ich da mache. Selbstständigkeit o. k., aber dann auch noch ortsunabhängig? Das hat dann später auch zu meinem Umzug nach Berlin geführt, weil es da damals schon so eine kleine Community von Menschen gab, die da ein bisschen verständnisvoller waren, sage ich mal. Mittlerweile gibt‘s aber auch im Rheinland eine nette Community von anderen digitalen Nomaden, die da durchaus diese Kombination auch nachvollziehen können.

LB: Okay, dann bist Du dann irgendwann nach Berlin gezogen, weil da Gleichgesinnte waren. Wann ist denn der Schritt ins Ausland gekommen oder hast Du das immer zwischendurch auch mal so gemacht?

TC: Ja, ich muss sagen, im ersten Jahr, das war das Jahr 2012, habe ich dann gedacht, fährst du doch ins Ausland, damals habe ich eine Reise gemacht nach Thailand und nach Vietnam. Du hast ja so viel davon gelesen, von diesem ortsunabhängigen Arbeiten, dann probierst du es mal. Aber ich muss rückblickend sagen, das war deutlich zu früh. Also ich habe mich da dann, obwohl ich noch kein festes Einkommen hatte, obwohl diese ganze Selbstständigkeit noch auf wackeligen Beinen stand, habe ich mich in das Abenteuer Ausland gestürzt und saß dann irgendwann nach zwei Monaten in Bangkok und mir ist das Geld ausgegangen, weil auch viele Kunden dann weggebrochen sind, die ich noch aus meinen alten Jobs so ein bisschen mitnehmen konnte. Und dann saß ich da und hatte richtig Druck. Dann war wieder dieser Druck, der dazu geführt hat, dass ich mich intensiver mit dem Thema Akquise und Marketing beschäftigt habe. Wahrscheinlich war das auch notwendig, dass ich da mehr oder weniger abgestürzt bin finanziell, um dann auch wirklich zu erkennen, du musst da Gas geben, du musst was anders machen. Dann habe ich zwei Dinge gleichzeitig getan, ich habe einmal endlich genug Druck verspürt, um mich an die Kaltakquise zu wagen, wovor ich mich vorher immer gedrückt habe und gleichzeitig habe ich dann auch andere Kanäle angefangen zu begreifen, wie zum Beispiel Google AdWords, Werbung mit Google zu schalten. Und diese zwei Dinge, zwei verschiedene Bereiche, haben dann aber dazu geführt, dass so Anfang 2013 dann deutlich mehr Kunden auf mich zugekommen sind und die ganze Geschichte wesentlich besser gelaufen ist. Ich glaube es waren dann, ja, das erste Jahr war relativ mau, das zweite Jahr wurde dann immer besser und Ende 2013 konnte ich dann meine ersten Freelancer auch mit einbinden, die letztendlich die Zeichenarbeit für mich übernommen haben. Ich habe dann diese Freelancing-Tätigkeit umgewandelt in einen sogenannten „product task service“, also, ich habe letztendlich andere Freelancer im europäischen Ausland, damals vor allem aus Rumänien, da gab es gut ausgebildete Architekten oder gibt es immer noch, die natürlich deutlich günstiger zeichnen und trotzdem immer noch innerhalb der EU mit eingebunden. Dann ist die ganze Sache von dort relativ schnell gewachsen.

LB: Also, warst Du dann sozusagen Vermittler nur noch?

TC: Genau, ich war nur noch Vermittler, ich habe die Akquise betrieben, ich habe die Qualitätskontrolle betrieben und stand natürlich immer noch als Bottleneck zwischen Kunde und Zeichner, aber trotzdem lief die Sache so gut, dass ich davon ganz gut leben konnte.

LB: Mit der Kaltakquise, wie hast Du das, das fällt ja nun vielen schwer, mir auch, jedem eigentlich, es gibt wenig Leute, die das wirklich das gerne machen, wie hast du denn da den inneren Schweinehund überwunden?

TC: Ganz ehrlich nur aufgrund des finanziellen Drucks, den ich hatte. Also, ich habe das, spätestens nachdem dann auch andere Kanäle wie jetzt in dem Fall Google AdWords ausgereicht haben, um genug Kunden heranzuholen, habe ich das auch sofort wieder eingestellt. Ich bin jetzt nie zu dem Punkt gekommen, wo ich angefangen habe, Kaltakquise wirklich drauf zu haben oder auch zu akzeptieren, dass man das machen muss.

LB: Oder zu genießen…

TC: Ja, genießen, genau. Ich bewundern da Freunde und Kollegen, die das richtig gut können und nimm da auch immer gerne learnings mit, wenn die davon erzählen. Aber ich bin da nie so richtig mit warm geworden. Das war für mich damals eine Notsituation, die dann auch richtig und wichtig war, dass ich da wieder ans Laufen kam, aber nachdem dann irgendwann im Online-Marketing die Kanäle aufgestellt waren und liefen, habe ich von der Kaltakquise wieder Abstand genommen.

LB: Online-Marketing, da hast Du jetzt gerade Google AdWords angesprochen. Also hier klassisches Suchmaschinenmarketing. Machst Du noch andere Bereiche oder spielst Du noch andere Kanäle?

TC: Für unser Tuscheteam, für unseren CAD-Service nicht, da setzen wir vor allem auf Google AdWords bzw. mittlerweile haben wir da auch ein gutes organisches Standing für verschiedene Keywords.

LB: Klassische Suchmaschinen-Optimierung?

TC: Genau, klassische Suchmaschinenoptimierung SEO und für andere Bereiche, ich habe ja parallel auch noch angefangen zu bloggen damals, 2012. Das ist so der andere Strang meiner Selbstständigkeit, der Entwicklung der letzten Jahre. Dafür habe ich in den letzten anderthalb Jahren recht erfolgreich auf Facebook Werbung geschaltet. Das ist aber natürlich dann ein ganz anderer Bereich, also die Entscheidung zwischen Google AdWords und Facebook Werbung. Ich meine, Du kennst es, es hängt natürlich sehr stark davon ab, um welche Art von Business es sich dreht.

LB: Genau und außerdem, welche Zielgruppe Du natürlich da im Visier hast.

TC: Absolut.

LB: Okay, jetzt hast Du auf der einen Seite Deine Bauzeichnung, wo Du das Business jetzt gut etabliert hast. Was machst Du denn noch? Du hast angefangen zu bloggen, was ist da Dein Geschäftsmodell?

TC: Ja, das lief dann auch parallel die ganze Zeit. 2012, als ich mich da ins kalte Wasser gestürzt habe, war ich ja selber inspiriert von diesen ganzen amerikanischen Blogs zum digitalen Nomadentum und dachte dann, o. k., kann ja gar nicht so schlecht sein, dass du selber auch mal anfängt zu bloggen. Ich habe dann auch damit losgelegt auf meiner Website earthcity.de und habe da ein, zwei Artikel in der Woche veröffentlicht und bin auch relativ konstant drangeblieben. Das plätscherte erstmal so die ersten zwei Jahre einfach nur so nebenher.

LB: Kurze Frage dazu: Worüber hast Du dann geschrieben? Über Dein digitales Nomadentum oder was war das?

TC: Genau, das war eine Kombination damals. Am Anfang noch aus meinen Erfahrungen beim Beginn der Selbständigkeit, was ich so gelernt habe. Dann aber auch von meinen Reisen selber. Also, man kann eigentlich sagen, Start ins Unternehmertum, Reisen und Erfahrung innerhalb des ortsunabhängigen Arbeitens. Die drei Bereiche habe ich abgedeckt. Der Bereich Reisen ist dann irgendwann weggefallen über die Zeit und ich habe mich immer stärker eigentlich auf dieses Thema ortsunabhängiges Arbeiten und digitales Unternehmertum konzentriert und da einfach meine Erfahrung wiedergegeben. Nach zwei Jahren war das in etwa, dass ich dann so an die 10.000 Besucher im Monat gekommen bin und dachte, hey, da kannst du doch bestimmt noch mehr draus machen. Ich bin damals dann auch in meiner Zeit in Berlin mit Menschen in Kontakt gekommen, die schon sehr erfolgreich gebloggt haben und damit auch ein Geschäftsmodell aufgezogen haben, beziehungsweise den Blog als Marketingkanal für ihr Geschäftsmodell genutzt haben. Und ich dachte, o. k., dann probierst du das auch mal und habe dann damals als ersten Schritt ein Buch geschrieben und das im Selfpublishing bei Amazon veröffentlicht und dann meine Reichweite des Blogs dazu genutzt, das auch anzustoßen und zu verkaufen. Das war dann gleich sehr erfolgreich. Durch das Buch habe ich dann über fast ein ganzes Jahr im vierstelligen Bereich Einnahmen monatlich erzielen können. Und das hat mir einfach gezeigt, hey, da funktioniert was und da lässt sich vielleicht noch mehr draus machen. Ich habe dann immer mal wieder so kleinere digitale Produkte angeboten. Es kamen noch zwei Bücher dazu, es kam noch ein kleiner Videokurs dazu. Und parallel hat sich so eine Community um den Blog entwickelt von Menschen, die sich für das Thema ortsunabhängiges Arbeiten interessieren. Und da ich mir selber auch beim Schritt in diese Selbstständigkeit auch immer eine Community gewünscht habe, ich muss sagen, ich bin überhaupt nicht so ein Netzwerker, ich bin auch kein Fan von großen Events und so, sondern ich bin immer ein Freund von Networking in kleinen Gruppen. Also, wenn ich so eine kleine Gruppe von Menschen habe, die mir weiterhelfen, die sich eng unterstützen, dann fühle ich mich wohl. Und das hat sich dann so bisschen aus dem Blog heraus einfach ergeben und dann lag es auch einfach nahe, diese Community noch zu festigen. So ist dann aus meinem Blog letztendlich der Citizen Circle entstanden. Das ist eine Community, mittlerweile haben wir jetzt 300 Mitglieder. Und das sind alles Menschen, die auf dem Weg sind, sich ein digitales Geschäftsmodell aufzubauen, um dann halt ortsunabhängig leben und arbeiten zu können, oder das auch schon erfolgreich getan haben oder teilweise haben wir Unternehmer und Unternehmerinnen, die aus dem Offlinebereich kommen und die das umstrukturieren möchten. Aber uns vereint letztendlich das Ziel, dass dieses Geschäftsmodell sich danach richten soll, wie wir selbst leben möchten. Also nach unseren eigenen Regeln, ob du jetzt im Home-Office arbeiten möchtest, ob du vielleicht deinen Lebensmittelpunkt im Ausland suchen möchtest oder ob du wie ein digitaler Nomade vielleicht alle paar Monate auch deinen Ort wechselt. Das vereint uns im Citizen Circle und da unterstützen wir uns im Austausch, welche Geschäftsmodelle da wie funktionieren. Ich denke, der große Unterschied bei uns ist, dass bei vielen gar nicht unbedingt der rein berufliche Erfolg im Vordergrund steht, sondern dass vielleicht auch der eine oder andere mit dem Job sich ein Leben ermöglichen möchte, wo eben der Gelderwerb nicht der einzige Fokus ist. Und eine bunte Mischung von Leuten.

LB: Schön! Jetzt nochmal, da würde ich gleich gerne nochmal näher drauf eingehen, auf diesen Citizen Circle. Also verdienst Du zurzeit Dein Geld als Unternehmer zum einen mit Deiner Bauzeichnung. Und jetzt mit dem Blog? Hauptsächlich da bei dem Blog über die Bücher. Ich glaube, drei Bücher hast Du mittlerweile geschrieben?

TC: Genau.

LB: Wenn ich das richtig recherchiert habe.

TC: So ist es. Letztendlich kommen die Einnahmen mittlerweile nach wie vor über das Tuscheteam, unsere CAD-Zeichnung, die Bücher, unsere Community, den Citizen Circle, mittlerweile aber auch einmal noch dadurch, dass ich kleinere Firmen berate, den Schritt zu mehr Ortsunabhängigkeit auch mit den Mitarbeitern gemeinsam zu wagen, aber jetzt auch seit drei, vier Monaten durch unser Jungle Hub hier in Shanghai. Also wir bieten jetzt auch hier im Dschungel in Thailand Workshops an, zu denen Menschen kommen, die vielleicht auch schon einige Jahre als Angestellter gearbeitet haben, aber auch merken, dass sie lieber selbst was auf die Beine stellen möchten, sich selbständig machen möchten und mit einem digitalen Geschäftsmodell und kommen dann hier für zwei Wochen zu uns nach Chiang Mai und wir helfen dabei, die ersten Schritte zu gehen. Ist natürlich eine super Chance, um Urlaub und Weiterbildung miteinander zu verbinden.

LB: Klar, kannst Du auch gerne Werbung für machen. Jetzt ist es ja so, das hast Du ja mit Deiner Lebensgeschichte oder mit Deiner ganzen Geschichte jetzt gerade schon getan. Ich habe hier nur die Frage noch stehen oder die Bitte, weil jemand, der wie Du ja jetzt erfolgreich und etabliert ist und ein tolles Geschäft aufgebaut hat, es gibt ja immer wieder dieses über Nacht reich werden im Internet, starte einen Blog und morgen hast Du Dein Geld und Deine Zeit entkoppelt und alles läuft von alleine, dass Du mit dem Mythos mal so ein bisschen aufräumst. Aber, das hast Du mit Deiner Lebensgeschichte ja schon gemacht. Wie ist denn die Erfahrung, wenn Du sagst, du coachst Andere? Gibt es wirklich die, die da über Nacht mit Erfolg haben?

TC: Nee. Nee, zumindest kenne ich keine und das finde ich auch immer extrem wichtig und finde es auch gut, dass Du das einbringst, dass man das immer wieder sagt, dass da keine falschen Vorstellungen entstehen und dass da eine ganze Menge Arbeit drinsteckt. Ich muss auch ganz ehrlich sagen, wenn wir hier eine Gruppe haben von sechs Personen, denen wir dabei helfen, ein digitales Geschäftsmodell an den Start zu bringen oder zumindest die ersten Schritte dorthin zu gehen, dann ist es in der Regel wirklich so, dass viele davon am Ende für sich entscheiden, es ist nicht der Weg, den ich gehen möchte oder sich vielleicht auch erstmal ein, zwei Jahre ausprobieren und es dann merken und es sind in der Regel weniger, die am Ende wirklich den kompletten Weg gehen und erfolgreich werden. Viele springen irgendwann ab. Das ist dann gar nicht, dass die Idee schlecht war oder dass sie scheitern, sondern, dass sie selbst merken, sie haben nicht genug Eigendrive oder vielleicht ist die Selbstständigkeit einfach nicht das richtige für sie. Ich denke, das ist eine ganz entscheidende Sache, dass man erkennen muss, man hat da einen langen Weg vor sich, eine lange Reise durch die Wüste, bis das irgendwann mal alles funktioniert. Deswegen finde ich es auch so wichtig, dass man ein starkes Warum hat, warum man diese ganze Sache machen möchten. Ein starkes Warum kann durchaus auch einfach sein, dass man mehr Geld haben möchte, das finde ich auch legitim. Aber man braucht eine starke Motivation, um halt diese lange Durststrecke auch durchzuhalten.

LB: Genau, was würdest Du sagen, wie sieht es aus Deiner Erfahrung aus? Lange Durststrecke, ich meine, Du hast gesagt, erstes Jahr war bei Dir ganz schwer. Was muss man denn da so rechnen, aus Deiner Erfahrung? Auf wie viele Jahre? Man rechnet ja schon in Jahren, oder?

TC: Das ist eine spannende Frage. Ich habe damals mit jemandem aus meiner Familie ein Gespräch gehabt, der eine recht erfolgreiche Karriere hingelegt hat und zu mir meinte, hey, wenn Deine Geschäftsidee nach drei, vier Monate nicht Geld abwirft, dann bist du gescheitert. Wenn ich das mir zu Herzen genommen hätte, dann hätte ich nichts auf die Beine gestellt.

LB: Dann hätte aber auch der Amazon-Gründer nichts auf die Beine gestellt. Ich weiß gar nicht, der hat zehn Jahre gebraucht, glaube ich. Weil er immer wieder reinvestiert hat.

TC: Wie lange war das bei Dir in etwa? Bei dem ersten Versuch?

LB: Mit dem Blog, meinst Du? Mit der Firma, klar, ich habe mich ja schon häufig selbständig gemacht, aber jetzt mit ISOTEC, das mit den feuchten Kellern, das ging sehr schnell. Da habe ich im ersten Jahr noch einen Verlust gemacht, aber danach war es dann wirklich profitabel. Das ist natürlich auch ein Franchise-System. Da ist alles vorgeben, man hat den Rücken frei und konzentriert sich auf die wichtigen Dinge. Das war bei ISOTEC der Vertrieb und hinterher die Qualität in der Ausführung. Dann läuft das. Hier bei der Agentur, in der ich jetzt sitze, die ist jetzt zwei Jahre alt und da sind wir noch nicht bei Plus angekommen. Das ist für mich persönlich jetzt noch ein Zuschussgeschäft, aber, weil wir da auch langfristig denken, ist das auch in Ordnung. Und der Blog, wenn ich daran denke, wie sich mein Blog entwickelt hat. Ich kann mich noch daran erinnern, das erste Jahr war ich froh oder es war ein Erfolg für mich, wenn ich 50 Leute pro Woche auf dem Blog hatte. Da dachte ich schon, wow, jetzt geht es vorwärts. Ist ja so, das war am Anfang wahnsinnig zäh, die ersten zwei Jahre.

TC: Absolut, ja, das kann ich bestätigen. Die zwei Jahre, das ist anscheinend so eine magische Zahl. Ich kenne durchaus auch Storys von Bloggern, die nach einem halben Jahr schon erfolgreicher waren. Das waren dann aber, glaube ich, oft auch oder sind oft Menschen, die sich vorher schon intensiv mit dem Thema SEO und Keyword-Optimierung beschäftigt haben und da so richtig Gas gegeben haben. Ich muss sagen, ich weiß nicht, wie es bei Dir war, ich habe das Thema SEO und Keyword-Optimierung relativ stiefmütterlich behandelt und hatte dann vielleicht auch Glück, dass ich über andere Kanäle irgendwann den Traffic bekommen habe, dass bei mir dann zum Beispiel Social Media gut geklappt hat, dass ich ein bisschen Medienaufmerksamkeit hatte und so hat es dann ein bisschen länger gedauert. Aber, ich denke mal, es ist schon ganz gut, wenn man mal ein bis zwei Jahre einkalkuliert, bis so ein Blog nennenswert Traffic hat und vor allem muss man auch einkalkulieren, dass man auf dem Weg öfters mal ein bisschen die Richtung wieder anpassen muss, um auch letztendlich eine Zielgruppe zu finden, die gut funktioniert.

LB: Absolut, ja. Also, ich hatte mir da auch nie Gedanken drüber gemacht. Ich dachte, wenn ich blogge, das ist SEO genug. Ist ja auch ein wichtiger Teil von SEO, aber natürlich nicht der einzige, um die Suchmaschine zu optimieren. Ich habe jetzt ein ganz interessantes Buch gelesen, fällt mir der Name gerade nicht ein. Da ging es auf jeden Fall um Suchmaschinen-Optimierung. Und die neuesten Techniken darin. Und die sagen wirklich, wenn du versuchst, dir ein digitales Geschäft aufzubauen, schreib über das, was dir Spaß macht, guck, welcher Artikel gut gerankt wird bei Google und bau da um diesen Artikel dann dein Geschäft auf. Also, sozusagen, lass Google entscheiden, was du hinterher mit deinem Blog und deinem Business machst.

TC: Wenn es dann halbwegs d’accord ist mit der eigenen Passion, oder, dass man da zumindest Interessen hat in dem Bereich, dann, warum nicht?

LB: Das muss natürlich im Vordergrund stehen. Aber hier, zum Beispiel mit meinem Blog, das ist ja zurzeit noch eine Sache, dass ich jetzt gar nicht groß monetarisiere, weil, das ist jetzt auch nicht das, wo mein Hauptfokus drauf liegt, aber, wo ich natürlich schon irgendwann dann auch mal Geld mit verdienen will. Aber, das mache ich zurzeit noch sehr stiefmütterlich, weil mein Hauptgeschäft ist halt meine Agentur zurzeit. Auf die ursprüngliche Frage. Jetzt bist Du aber, was mich mal interessieren würde, so als digitaler Nomade. Meine Zuhörer sind ja hauptsächlich Unternehmer, mittelständische Unternehmer, oder Führungskräfte. Was können die denn aus Deiner Sicht, was von Deiner Expertise, von Dir als digitaler Nomade, lernen? Was kann der Unternehmer von digitalen Nomaden lernen?

TC: Vielleicht muss ich an dieser Stelle ganz kurz noch einen Satz dazu verlieren, was ein digitaler Nomade überhaupt ist, denn da gibt es ja keine klare Definition. Manche Menschen fassen das ein bisschen enger und sagen, ein digitaler Nomade muss jemand sein, der permanent reist und von unterwegs arbeitet. In meiner Definition ist es ein bisschen weiter gefasst, denn ich habe hier ja in Thailand ein festes Zuhause. Ich möchte mir einfach nur die Option offenhalten, dass ich jederzeit von woanders arbeiten kann. Das heißt aber nicht, dass ich permanent unterwegs bin. So verstehe ich mich als digitaler Nomade, d. h., ich habe die Option, jederzeit von überall arbeiten zu können, habe aber trotzdem ein festes Zuhause. Um diese Option zu haben, muss man halt sein Geschäft relativ schlank aufbauen. Das finde ich einmal eine wichtige Sache, dass man alle oder möglichst viele Prozesse digital abbildet, dass man zum Beispiel auch sein Team so strukturieren muss, dass man nicht in einem Büro sitzen muss. Das finde ich ganz wichtig auch heutzutage für viele Unternehmer, die vielleicht ein klassisches offline Business haben, gerade in den Zeiten, wo diese berühmten Generation Y immer stärker nach dem Warum fragt und immer weniger mit einem Firmenwagen und einem schicken Handy abzuholen ist, muss sich vielleicht der Unternehmer auch stärker überlegen, wie kann ich die richtigen Leute in mein Unternehmen holen. Und ich denke, dass, was früher der Firmenwagen war, ist heute die Freiheit, die ich meinen Mitarbeitern ermögliche, auch mal von woanders zu arbeiten. Und das ist glaube ich was, wo man als klassischer Unternehmer ruhig auch mal verstärkt sich die digitalen Nomaden angucken sollte, um zu überlegen, was davon finde ich zu viel, aber was davon kann ich vielleicht auch in mein Unternehmen reinholen, damit die jungen Leute auch noch Lust haben, für mich zu arbeiten.

LB: Passt absolut zu meiner Einschätzung, sehe ich auch so. Ich habe hier wirklich letzte Woche oder vorletzte Woche noch ein Mitarbeitergespräch hier geführt und das mache ich ja sehr regelmäßig und dann war hier von mir einer, der Suchmaschinen-Optimierung macht und ich habe gefragt, was machen wir denn jetzt so? Ja, er hätte noch eine Bitte, er will ja gar nicht mehr Geld verdienen, er hätte jetzt 30 Tage Urlaub. Aber in Zukunft möchte er keine Gehaltserhöhung, sondern einfach nur mehr Urlaub haben. Ob ich ihm das nicht ermöglichen könnte. Das ist genau das, was Du sagst. Das Geld spielt mittlerweile bei der Generation Y, wie Du sie genannt hast, wirklich eine untergeordnete Rolle, die Statussymbole sind nicht mehr so wichtig und der Freizeitwert ist sehr hoch. Da kommen wirklich solche Fragen, oder, wie oft kann ich vom Homeoffice aus arbeiten? Kann ich das ein-, zweimal die Woche machen? Und solche Sachen. Die muss man dann auch beantworten können. Da kann man sicherlich viel von Menschen wie Dir dann lernen.

TC: Absolut, von dir auch, Tools sind da ja extrem wichtig, mit denen man dann kommuniziert und auch, dass man als Unternehmer, Unternehmerin immer noch ein gutes Gefühl hat, für das Team und auch das Gefühl hat, man arbeitet mit den Mitarbeitern gut zusammen. Ich glaube, da besteht immer die Gefahr, dass man als Chef dann das Gefühl hat, die machen ja gar nichts mehr, aber nur, weil sie jetzt nicht mehr neben einem sitzen, heißt es ja nicht, dass sie jetzt dadurch mehr oder weniger sich in die Arbeit stürzen.

LB: Sehe ich auch so. Und ich bin immer einer, der grundsätzlich positiv an die Sachen rangeht und auch immer jedem Menschen erstmal was Positives unterstellt. Und ich glaube nicht, dass Leute gerade irgendwo anfangen und sagen, jetzt mache ich Homeoffice und sitze den ganzen Tag dann nur zu Hause rum und spiele Playstation oder so. Das kann ich mir nicht vorstellen, jeder hat auch einen eigenen Ehrgeiz. Man möchte auch das Beste machen, da habe ich überhaupt keine Bedenken. Tools spielen da eine große Rolle, dass man kommunizieren kann, egal, ob er jetzt hier im Büro sitzt oder wirklich dann in Thailand oder keine Ahnung, fünf Straßen weiter bei sich zu Hause.

TC: Absolut.

LB: Ja. So, jetzt hast Du den nächsten Schritt gemacht mit dem Citizen Circle, den hattest Du eben schon angesprochen, wo Ihr eine Community seid von 300 Leuten knapp. Was ist da der Mehrwert? Was nehmen die Leute da mit oder warum sollten die sich diesem Citizen Circle anschließen? Und zum anderen ist es aber auch so, dass Ihr ja gar nicht jeden nehmt oder auch nur ein ganz kleines Fenster habt, wann man sich da anmelden kann?

TC: Genau, wir öffnen nur dreimal im Jahr. Wir hatten jetzt gerade noch eine Öffnungsphase. Das heißt, wir sind jetzt erst mal wieder für drei Monate, ist es nicht möglich, sich bei uns anzumelden. Natürlich ist es auch, das sage ich auch ganz offen und ehrlich, das hat natürlich auch Marketinggründe, Verknappung. Das ist so. Es ist aber nicht der einzige Grund. Es ist auch wichtig für uns, dass wir keine Unruhe innerhalb der Community erzeugen. Und das wir sozusagen Neumitglieder in der kurzen Zeitphase aufnehmen und dann die Möglichkeit besteht, dass sich alle untereinander kennenlernen und dann nicht so ein Kommen und Gehen ist. Weil, genau da liegt der große Mehrwert unserer Community. Die Leute sind sehr commitet untereinander, sich zu helfen. Jeder hat so seine eigene Expertise und dass ist, ich sage immer gerne, „Jeder kennt jeden“-Community, noch relativ kleine Community mit einem hohen Commitment, wo man einfach mal ein anderes Mitglied ansprechen kann, hey, du kennst dich doch da und da aus, kannst du mir mal helfen? Oder wo man auch anderen Leuten weiterhilft, also dieses Geben und Nehmen spielt bei uns eine große Rolle und dadurch hat man einen ganz großen Wissensaustausch, der sehr wertvoll ist für die Mitglieder. Für Menschen, die noch gar keinen Kontakt hatten zu Unternehmertum, haben wir auch in sich abgeschlossene Videolektionen. Die gehen aber vom Wissen her nur und so soweit und dann übernimmt sozusagen die Community, wo dann dort immer Menschen zur Verfügung stehen, die man ansprechen kann. Wir haben regelmäßige Treffen, z. B. jetzt im Juli in Italien haben wir unsere Jahreskonferenz, da kommen hundert Personen etwa, wir haben dort Workshops, wir haben dort Vorträge an zwei Tagen, das ist ein ganz großer Teil unserer Community. Wir haben Mastermindgruppen von vier, fünf Leuten, die sich untereinander austauschen. Letztendlich, wie Du schon merkst, der Austausch ist eigentlich das Zentrale bei uns und wenn Du jetzt, den Austausch kannst Du natürlich auch außerhalb einer Community suchen, aber Du hast natürlich ein ganz anderes Commitment, wenn du so eine vorgegebene Gruppe von Leuten hast, die sich alle auch identifizieren mit dieser Community, dann ist die Hilfsbereitschaft einfach viel größer und das funktioniert bei uns ganz wunderbar.

LB: Seit wann macht Ihr das jetzt?

TC: Das machen wir jetzt seit September 2015, da haben wir geöffnet und wir wachsen langsam kontinuierlich. Also, im ersten Jahr hatten wir 100 Mitglieder, dann 200, jetzt sind wir auf 300 Mitglieder gewachsen. Auch, weil ein sehr geschätzter Bloggerkollege, der Sebastian Kühn, seine Community jetzt ja letztendlich in unsere Community überführt hat, kann man sagen. Und wir das jetzt gemeinsam betreiben mit dem Team von sechs Community-Managern. Wir haben natürlich dadurch, dass wir einen Austausch zwischen Gleichgesinnten ermöglichen wollen, wissen wir natürlich auch, dass da die Gefahr ist, dass das ab irgendeiner Mitgliederzahl auch kippt. Deswegen wollen wir ganz klar nicht endlos wachsen und sind da auch sehr vorsichtig und fühlen genau, wie viele Mitglieder wir aufnehmen wollen. Aber im Moment funktioniert das noch sehr gut und da passen wir auf jeden Fall auf, ich weiß nicht, vielleicht haben wir in einem Jahr 400 Mitglieder, aber ich denke mal, mehr als 500 werden es nicht werden. Oder wir müssen die ganze Community anders strukturieren, aber dieses „jeder kennt jeden“, das spielt bei uns eine ganz entscheidende Rolle in der Hilfsbereitschaft.

LB: Also, da kann ich auch nur jedem zu raten, der sich mit dem Thema beschäftigt, dass er sich mit solchen Menschen, die das schon gemacht haben oder auch auf dem Weg sind, umgibt, weil, das bringt ja ganz andere Gedanken. Das ist auch immer die Empfehlungen, wenn die Leute zu mir kommen und sagen, ich möchte mich selbständig machen. Ich habe die und die Idee. Dann sage ich, ja, dann musst du dich erstmal mit anderen Unternehmern auch irgendwie zusammensetzen, dich regelmäßig Treffen mit denen, weil, die denken ganz anders, als wenn du in deinem Angestelltenverhältnis, indem du dich vielleicht noch befindest, dann immer wieder mit den Gleichen sprichst. Da wird auch nichts Neues passieren, sondern, du brauchst die Inspirationen dann von außen und man sagt ja nicht umsonst, ich weiß gar nicht, wer es jetzt ursprünglich mal gesagt hat, fünf Menschen, mit denen du dich am meisten umgibst und das ist einfach so. Deshalb sind solche Sachen, wie Ihr sie da aufgebaut habt mit dem Citizen Circle, sehr sehr wichtig.

TC: Absolut. Und was ich auch oft merke ist, dass, ich nenne sie mal „Anfänger“ oder „unerfahrenere Menschen“ in Sachen Selbständigkeit, Unternehmertum, Angst haben, da beizutreten, weil sie nicht wissen, was sie dazu beitragen können. Aber in Wahrheit ist es doch oft so, dass erfahrenere Unternehmer, Unternehmerinnen, sich auch einfach über Feedback freuen oder einfach mal ein Hilfsangebot und dann im Gegenzug gerne bereit sind, ihre Erfahrungen mit den anderen zu teilen. Also, dieser Austausch zwischen Erfahreneren und weniger Erfahreneren funktioniert bei uns auch sehr gut. Da muss also niemand Angst haben, dass er nichts beizutragen hätte.

LB: Und spätestens, wenn man selber die ersten Schritte macht, hat man dann auch die Erfahrung, kann man dann ja auch den anderen mitteilen.

TC: Absolut.

LB: Ja. Jetzt würde mich mal interessieren, mit Deinem Tusche-Team…

TC: Genau, viele sagen „Tuschel-Team“, aber, ohne „l“.

LB: Okay, Tusche-Team, also, Ihr müsst Euch ja irgendwie organisieren. Welche Tools setzt Ihr denn da ein, was macht Ihr denn da?

TC: Ja, wir benutzen natürlich die üblichen Verdächtigen, Trello und Slack. Da gibt es natürlich mittlerweile auch viele Alternativen, aber, wir sind da bisher auf den alt eingesessenen Tools hängengeblieben. Ansonsten natürlich den guten alten Google Drive, um Dokumente zu teilen. Ganz wichtig ist auch für uns ein Tool, das nennt sich E-Büro, ein Dienstleister, der für uns die Kundenanrufe übernimmt. Also, das ist letztendlich ein Telefonsekretariat, das digital funktioniert und wir bekommen dann auf der App eine Benachrichtigung, dass jemand angerufen hat und können dann zurückrufen. Das sind eigentlich so unsere wichtigsten Tools. Muss mal kurz überlegen, ja, Filesharing, haben wir schon viel ausprobiert, sind doch am Ende immer wieder auf der Dropbox hängengeblieben. Für Dinge, bei denen der Datenschutz wichtiger ist, haben wir auch andere Tools genutzt, aber ich muss sagen, wir haben jetzt gar nicht so ein Tool, das jetzt komplett außergewöhnlich ist. Also, ich kann nur so die üblichen Verdächtigen da aufzählen.

LB: Mit Trello, also so einem Kanban-System, da macht Ihr dann die ganze Projektabwicklung?

TC: Da werden die Projekte quasi durch die Karten durchgeschoben, genau. Je nach Status und auch Aufgaben werden an Mitarbeiter verteilt, genau. Also, letztendlich alles, was in ständiger Bewegung ist, lässt sich ja damit gut abbilden und alles, was ein bisschen statischer ist, dafür benutzen wir, also zum Beispiel für das SOP‘s benutzen wir einfach ein klassisches Google Doc, wenn man so die „standard operating procederes“ aufschreibt, dann ist es am besten, ein ganz normales Textdokument.

LB: Jetzt bist Du ja auch Unternehmer und jetzt frage ich mich natürlich, was du machst? Das frage ich alle Unternehmer, die ich hier im Interview habe, was sie machen, um abzuschalten? Jetzt frage ich mich aber, muss ein digitaler Nomade das überhaupt? Muss er überhaupt abschalten oder ist der immer so entspannt, dass er das gar nicht muss?

TC: Nee, gar nicht. Ich glaube, da ist sogar die Gefahr fast größer, dass ein digitaler Nomade sich manchmal auch irgendwie dadurch stresst, weil er gerade vielleicht kein gutes WLAN findet, aber unbedingt dem Kunden was schicken muss oder so. Ich weiß nicht, bei mir ist es oft eher so, dass ich vielleicht abends mal zu Hause sitze, nichts vorhabe. Partner, Freunde, alle irgendwie was Anderes machen und ich dann einfach für mich beschließe, hey, ich arbeite aber noch bisschen. Und da ist natürlich immer so die Gefahr, auf der einen Seite macht die Arbeit Spaß, ich mach‘s gerne. Aber dann kriegt man vielleicht den sauberen Abschluss nicht hin und bearbeitet um 11:00 Uhr abends noch E-Mails und kann dann natürlich nicht so gut schlafen. Diese Situation, die kommt bei mir regelmäßig vor und dann ärgere ich mich über mich und dann mache ich es mal wieder zwei Wochen anders und dann kommt es wieder vor, das wiederholt sich so. Aber ist ja auch nicht schlimm, also, dann schläft man halt mal eine Nacht von 14 Tagen nicht so gut.

LB: Ja gut, das ist klar, aber, was machst du denn dann konkret, um abzuschalten?

TC: Ja, ich versuche schon irgendwie, einen Tag die Woche zu blocken. Oft nenne ich es den Sunday funday, dass ich versuche, mir den Sonntag freizuhalten. Es muss nicht immer unbedingt der Sonntag sein, aber wenn möglich, ist es der Sonntag. Kann aber auch mal, wenn es sich anders ergibt, auf den Montag oder den Freitag fallen. Ich denke mal so, einen bildschirmfreien Tag, das ist schon immer ganz gut. Ich habe jetzt lange nur mein Laptop und mein Smartphone benutzt, ich habe jetzt aber seit kurzem auch so ein iPad Pro. Nicht zuletzt auch aufgrund Deiner Artikel übrigens.

LB: Oh, schön!

TC: Und ich habe mir diesen schönen Apple-Pen auch besorgt, damit ich auch mal von dem Papier wegkomme. Ich bin ein Riesenfan davon, mit Papier zu arbeiten, aber ich denke, mit dem Apple-Pen komme ich vielleicht auch mal vom Papier weg. Was ich jetzt aber gezielt gemacht habe, auf diesem iPad habe ich mir eine eigene iPad E-Mail-Adresse eingerichtet. Ich habe nur Zugriff auf meinen Kalender und auf diese iPad E-Mail-Adresse, damit ich da gar keine anderen E-Mails einsehen kann. Und wenn ich dann doch mal irgendwie einen Artikel lesen will oder einfach mal kurz was nachgucken will, dann kann ich an meinem „bildschirmfreien Tag“ zumindest mal das iPad zur Hand nehmen. Aber ich komme dann nicht irgendwie so in diesen Modus, ach, guck doch mal kurz in die E-Mails rein.

LB: Ja, klar. Interessante Herangehensweise. Okay, dann kommen wir jetzt zum Schluss. Da habe ich ja immer hier meine Schlussfragen und da bitte ich um kurze und knackige Antworten. Tim, welcher ist Dein wichtigster Produktivitätstipp?

TC: Mein wichtigster Produktivitätstipp ist, glaube ich, ein starkes Warum zu haben. Also, wenn du weißt, warum du etwas tust, dann hast du auch einen starken Drive und dann bist du auch produktiv.

LB: Welche sind Deine drei wichtigsten digitalen Gadgets, auf die Du nicht mehr verzichten kannst?

TC: Ehrlich gesagt sind es wirklich nur Laptop und Smartphone. Alles andere ist irgendwie verzichtbar.

LB: Das iPad Pro noch nicht also?

TC: Noch nicht, nee.

LB: Okay. Welche App oder welchen Internetdienst kannst du der „Produktiv in digitalen Zeiten“-Community empfehlen?

TC: Welche App? Ich bin jetzt gerade ganz begeistert von dieser neuen Schreib-App, die ich auf dem iPad installiert habe, jetzt fällt mir der Name gerade nicht ein. Aber ich glaube, Du hast mir die auch empfohlen?

LB: GoodNotes?

TC: GoodNotes, genau, davon bin ich ganz begeistert, ansonsten benutze ich auch sehr gerne Scanbot, um schnell vom Papierkram loszukommen, gerade so bei Buchhaltung usw.

LB: Okay. Welches Buch hat Dich als Unternehmer und Mensch am meisten geprägt?

TC: Mensch, will ich jetzt gar nicht sagen, aber als Unternehmer, da war das auf den Fall von Chris Guillebeau, das 100 $ Startup (https://www.amazon.de/The-100-Startup/dp/B01CLG2J5Y/ref=asap_bc?ie=UTF8), das habe ich damals 2012 gelesen und die Storys da drin haben mich sehr motiviert.

LB: Worum geht es da?

TC: Da sind so Beispiele von Menschen, die es mit einem ganz kleinen Startbudget geschafft haben, ein eigenes Business aufzuziehen und da sind einfach unglaublich inspirierende Storys dabei, die auch Mut machen, dass man ohne Startbudget Dinge auf die Beine stellen kann, die so um die eigene Leidenschaft herumgestrickt sind. Kann ich sehr empfehlen. Der eine oder andere kennt wahrscheinlich auch den Blog von Chris Guillebeau. https://chrisguillebeau.com

LB: Okay, werden wir hier verlinken auf jeden Fall. Welches ist denn der beste Ratschlag, den du jemals erhalten hast?

TC: Dass Scheitern wichtig ist, also, Fehlversuche oder scheitern eigentlich die Pflastersteine auf dem Weg zum Erfolg sind.

LB: Super, kommt an den Spruch ran, den ich jetzt mir irgendwie, ich weiß gar nicht, wo ich den das erste Mal aufgeschnappt habe, „Auch auf die Schnauze fallen ist eine Vorwärtsbewegung.“

TC: Das ist die Rheinlandversion!

LB: Genau, das ist die rheinische Version, genau! Okay, wie kann denn die „Produktiv in digitalen Zeiten“-Community mit Dir in Kontakt treten?

TC: Ja, sehr gerne direkt über die Webseite, ursprünglich hieß der Blog earthcity.de, jetzt stellen wir gerade um citizencircle.de, weil das letztendlich in unseren Communityblog übergeht. Dort übers Kontaktformular, ansonsten auch sehr gerne direkt per E-Mail an Tim@citizencircle.de. Also, ich freue mich immer über E-Mails.

LB: Ja, freust Dich nur, wenn Du nicht gerade an Deinem iPad Pro sitzt, ne?

TC: Genau. Die E-Mail-Adresse verrate ich nicht.

LB: Würde ich auch nicht tun. Alles klar Tim, dann erstmal vielen vielen Dank.

TC: Ja, vielen Dank, das waren sehr spannende Fragen, super Gespräch.

LB: Ja, fand ich auch! Es hat sehr viel Spaß gemacht. Dann wünsche ich Dir auf jeden Fall alles Gute weiterhin mit Deinen ganzen Projekten. Wir werden uns ja auch beim Citizen Circle dann demnächst garantiert mal sehen. Du hattest mich da ja auch freundlicherweise mal eingeladen. Klappt ja terminlich jetzt nicht, beim nächsten Mal aber dann. Irgendwann werde ich da garantiert auch mal zustoßen. Würde ich mich auf jeden Fall sehr freuen.

TC: Perfekt, machen wir.

LB: Alles klar. Ja, dann sage ich mal, vielen vielen Dank und Euch, meinen lieben Zuhörern der „Produktiv in digitalen Zeiten“-Community, alles Gute und viel Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben, ciao.

TC: Ciao.