Delegieren, aber richtig! Delegieren gehört zum richtigen Führen dazu. Aufgaben weitergeben ist es nicht. Aber was versteht man denn unter richtigem Delegieren? Welche Bereiche kann ich abgeben und wem? Eine wichtige Erkenntnis dabei ist, als Chef muss man lernen loszulassen und sich selbst nicht zu wichtig nehmen.

Transkript

BF = Barbars Fernández
LB = Lars Bobach

BF:
Herzlich willkommen zum Podcast Selbstmanagement.Digital. Wir geben Orientierung im digitalen Dschungel, so dass wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Mein Name ist Barbara Fernandez und hier, mir gegenüber, sitzt der liebe Lars Bobach. Hallo Lars.

LB:
Hallo Barbara.

BF:
Delegieren, aber richtig. Das ist unsere heutige Folge. Ja, Lars, wann hast du denn verstanden, das Delegieren zum Führen dazugehört?

LB:
Als mir alles zu viel wurde, spätestens da.

BF:
Okay, wann war das? Im Jahr 1900?

LB:
1800.

BF:
Oder war es vor drei Jahren?

LB:
Nein, es ist schon etwas länger her. So ein Stückweit wusste ich das schon immer. Ganz extrem war es in der Zeit, wo ich mich selbständig gemacht hatte das erste Mal.

BF:
Vor ISOTEC?

LB:
Nein, so mit ISOTEC, davor die Sachen,so als Student, zählen nicht. Also über 14 Jahre ist das jetzt her. Da habe ich alles selber gemacht, da hing meine Existenz dran, die Existenz meiner Familie. Ich wollte alles besonders gut machen und musste alles selber machen. Die ersten Angestellten, die ich hatte, waren alles Handwerker, die dann auch die Keller abgedichtet haben. Das konnte ich nicht, aber irgendwann merkte ich dann, es wurde alles viel zu viel.

Ich hatte dann zwar schon eine Assistentin, die dann gewisse Dinge machte, aber manche Sachen wie zum Beispiel Zahlungen oder Kontozugriff, musste alles ich machen. Das war immer wahnsinnig wichtig. Freitags war immer Zahlung, da hatte Gaby mir immer den „Offene-Posten-Ordner“ hingelegt, damals, vor den papierlosen Zeiten. Dann musste ich auf das Konto und die Dinge überweisen.

Irgendwann wurde mir dann bewusst, dass meine Firma nicht einen Schritt vorwärtskommt, wenn ich freitags Zahlungen mache. Da war ich ja schon zwei Stunden mit beschäftigt. Wir hatten hinterher auch viele Rechnungen und Gehälter zu zahlen und ich dachte, die zwei Stunden kannst du eigentlich auch besser verbringen. Das bringt deine Firma nicht weiter. Da wurde mir das erste Mal so bewusst, das ich viel mehr loslassen und delegieren muss als ich es bisher gemacht habe. Das ist jetzt aber mindestens zehn Jahre her, wenn nicht sogar noch länger.

BF:
Da fängt man dann an mit dem Delegieren und wird sicherlich von Jahr zu Jahr besser? Ist ja auch immer die Frage, wem kann man welche Aufgaben übertragen? Letztendlich ist genau der Punkt, den du gerade gesagt hast, der springende Punkt, das Loslassen. Das ist, glaube ich, für Unternehmer total schwer.

LB:
Ja, das, es gibt auch noch andere Sachen, die schwer sind für Unternehmer, dass man sich selber zu wichtig nimmt. Kommen wir auch gleich noch zu, zu dem, wie man richtig delegiert. Das haben auch Unternehmer gerne, dieses Syndrom, sich selber wahnsinnig wichtig zu nehmen. Ich muss das ja tun, sonst kann es ja keiner. Das ist jetzt bei Zahlungen nicht so, da will man nur so eine maximale Kontrolle, was totaler Quatsch ist. Aber Unternehmer neigen auch dazu, sich selber zu wichtig zu nehmen, aber dazu kommen wir gleich.

BF:
Okay, wozu kommen wir denn zuerst? So ganz generell kann man sagen, delegieren lernen ist eine wirklich wichtige Sache für Unternehmer. Doch wir kennen alle solche Sätze wie, ja, ich mache das lieber selber, dann ist das schnell erledigt oder was gibt‘s noch für Sätze?

LB:
Bevor Rückfragen kommen, mache ich das eben selber. Oder, du hast es richtig gesagt, für mich ist das wirklich der Hauptgrund, warum Unternehmen auf der Stelle treten, gerade kleine mittelständische Unternehmen, die nicht vorwärtskommen, weil die Chefs nicht loslassen können.

Es gibt auch Gegenbeispiele. Ich weiß das, das haben wir sogar im Kundenkreis hier. Ein großes Unternehmen, wo der Chef wirklich alles macht, so kleinteilig. Da denke ich immer, wie geht das denn? Aber trotzdem sehr erfolgreich.

Aber oftmals ist es so, dass mangelndes Delegieren wirklich die Firma auf der Stelle treten lässt. Die Ressource seiner eigenen Zeit ist begrenzt und wenn man da nicht loslässt und immer noch alles viel oder sehr viel selber macht, da kommt man nicht vorwärts.

BF:
Gut, die Frage wird jetzt sein, ich sage den Leuten schon, was sie zu tun haben? Also delegiere ich auch? Was ist der Unterschied zwischen delegieren und den Leuten zu sagen, was sie zu tun haben?

LB:
Delegieren und Delegieren, aber richtig.

BF:
Genau.

LB:
Der Unterschied ist, Delegieren ist ja keine Aufgaben weitergeben, das gehört bei mir nicht zum Delegieren dazu, sondern da kommen wir auch noch später zu. Es ist Verantwortung übertragen. Ohne das funktioniert Delegieren nicht und ich werde ganz oft gefragt, wie ich das geschafft habe, mein Unternehmen unabhängig von meiner Person zu machen, so dass ich da gar nicht mehr sein muss.

Bei ISOTEC ist es maximale Delegation, ich bin komplett raus, habe sogar einen Teil verkauft, mir gehört noch etwas, aber ich habe einen Geschäftsführer da drin. Ich kriege quasi nichts mehr mit vom Tagesgeschäft. Wie man so etwas schafft?

Oder hier bei der Agentur auch, Auftragsabwicklung, habe ich null mit zu tun. Wir sind ein kleines Team hier, ist ja nicht groß. Aber das kann man schon, indem man halt wirklich richtig delegiert. Es sind oftmals von den Unternehmern die eigenen Glaubenssätze, die sie abhalten, indem sie sich selber zu wichtig nehmen. Der Kunde, der muss unbedingt mit mir sprechen, das kann kein anderer machen. Das ist es ja oftmals oder das hatte ich jetzt auch noch.

Wir haben hier, ich meine, die Agentur heißt Lars Bobach Online-Marketing AG, also mit meinem Namen. Und unsere Kunden kommen auch alle über den Podcast, über den Blog. Dann kriegen die so mit, was wir hier machen und die Neukunden kommen so gut wie alle darüber oder über Empfehlungen. Dann denkt man natürlich, Lars Bobach heißt die Firma, muss ich ja dann auch für die da sein, erstmal zumindest so im Akquisebereich.

Wir fangen immer an mit jedem Kunden, indem wir einen Online-Marketing Workshop machen. Den habe immer ich gemacht. Das war natürlich auch eine Grenze, wo ich sage, das geht nicht! Wir haben über 100 Kunden und ich kann ja jetzt nicht immer die Online-Marketing Workshops machen. Das funktioniert nicht, da komme ich auch an meine Grenzen.

Als ich gesagt habe, ich mach es nicht mehr, das war aber wirklich bei mir auch so ein Glaubenssatz, wo ich dachte, die Firma heißt so, ich muss es machen. Stimmt aber gar nicht.

BF:
Wer macht es jetzt?

LB:
Mein Team.

BF:
Super.

LB:
Beim ersten Mal, weiß ich noch, die ersten paar Mal habe ich gefragt, und, haben die denn gefragt, wo ich bin oder was habt ihr denn gesagt, dass ich nicht da bin? Sagen die, nö, die haben gar nicht gefragt. Ach, sage ich, alles klar.

Ja, aber das sind dann wirklich Glaubenssätze, das stimmt alles nicht. Man muss sich davon freimachen. Und die machen es ja nicht schlechter. Vielleicht machen sie es sogar viel besser. Sie machen es nur anders.

BF:
Ja, das ist vielleicht ein ganz gutes Beispiel, wo jetzt jeder nochmal kurz in sich gehen kann, aus welchem Feld, wo ich glaube, ich bin maximal wichtig, kann ich mich eigentlich mal zurückziehen? Oder vielleicht hilft auch die Frage, aus welchem Feld können wir uns auf gar keinen Fall zurückziehen und dann behaupten wir doch das Gegenteil.

LB:
Und glaube mir, es funktioniert. Ich habe jetzt wieder im Workshop von mir einen Unternehmer gehabt, ein ganz kleines Unternehmen, zu zweit und der sagt, nee, mit den Kunden, das kann ich keinem anderen abgeben. Da sage ich, du kommst so nicht vorwärts. Da musst du dir klar sein. Wenn du immer alles machst, kommst du nicht vorwärts.

Ich frage immer ab, wie groß das Hamsterradgefühl von 1 bis 10 ist, vor dem Workshop. Muss jeder ankreuzen und der war bei 10. Und ich sage mal, spätestens da muss man ja erkennen, dass man abgeben muss. Das geht ja so nicht weiter. Aber auch wieder die eigenen Glaubenssätze, die einen davon abhalten. Wie gesagt, einfach mal probieren und es funktioniert und meistens sogar besser als man glaubt. Aber mal eine Frage an dich, Barbara, delegierst du denn auch?

BF:
Ja, nee, also, das geht bei mir nicht.

LB:
Warum nicht?

BF:
Weil ich mich auch so für maximal wichtig halte.

LB:
Wir hatten die Folge zur virtuellen Assistenz. So etwas könntest du auch nutzen und dann Rechnungsstellungen delegieren.

BF:
Ich habe aber nicht so einen Leidensdruck, nicht so ein Hamsterradgefühl. Bei dem Gefühl, wie stark ist dein Hamsterradgefühl, würde ich sagen null.

LB:
Gibt es nicht, fängt bei eins an.

BF:
Dann würde ich sagen: eins.

LB:
Okay, echt?

BF:
Gut, ich bin jetzt auch ein bisschen provokativ, ja, also ja.

LB:
Dann ist ja alles gut, dann kommst du auf jeden Fall nicht in meinen Workshop.

BF:
Ich habe doch hier immer Workshop, wenn ich mit dir Podcasts mache. Dann arbeite ich zu Hause heimlich alles bei und komme ganz aufgeräumt wieder her. Ich meine, klar, ich baue natürlich auch nicht ein Unternehmen auf, weil mit der Idee, ein Unternehmen groß zu machen, bin ich nicht angetreten. Sondern ich verstehe mich tatsächlich auch als Fachkraft und meine Fachkraft wird gefragt und dann komme ich.

Ich frag mich natürlich auch, wohin das geht und ob ich jedes Seminar immer selber geben muss. So ist das aber im Moment und so kann ich das auch im Moment. Aber natürlich wäre jetzt auch interessant bzw. es ist durchaus die Möglichkeit denkbar, es wären zu viele Seminare für mich selber. Dann weiß ich auch einige, die ich so schön gebaut habe, da fallen mir sogar Leute ein, wo ich denke, wenn das jemand macht, dann meine Kollegin Sowieso. Dann würde ich die auf das Seminar schicken, natürlich.

LB:
Du denkst also schon darüber nach.

BF:
Dafür müsste der Druck aber höher sein, genau.

LB:
Jetzt muss ich da aber mal einhaken. Das ist ja nun mal das Ziel von jedem Unternehmen, muss ja sein, das unabhängig von der eigenen Person zu machen.

BF:
Aha, ja gut?

LB:
Siehst du nicht so?

BF:
Nee, von einem Unternehmen schon, aber dann frage ich mich, bin ich eigentlich wirklich Unternehmerin?

LB:
Bist du schon. Die Frage ist, ob das dein Ziel ist. Aber irgendwann und das erlebe ich auch oft in meinen Workshops, dass Leute kommen, älter schon und die dann so im Hamsterrad hängen und sagen, ich muss mein Unternehmen, das ist meine Altersvorsorge eigentlich und das muss ich irgendwann mal zu Geld machen.

Meist steckt das ganze Geld in dem Unternehmen, die ganze Zeit. Vielleicht sind wenig Rücklagen gebildet worden. Und da muss ich irgendwann vielleicht mal drüber nachdenken, mein Unternehmen zu verkaufen. Und verkaufen kann ich wirklich nur, wenn es nicht von mir abhängig ist.

Wenn du aussteigst, ist das Unternehmen nichts wert, ist ja logisch! Ich meine, bei dir ist es klar. Aber es gibt auch Unternehmen, die ein bisschen größer sind, vielleicht bis 30, 40 Mitarbeiter. Die sind auch fast nicht verkaufbar. Wenn der Chef weg ist, bricht da alles zusammen.

BF:
Ja, das ist total berechtigt und sollte jeder, der hier zuhört und Unternehmer ist, unbedingt sich eine Antwort dafür überlegen, wie soll das in der Zukunft weitergehen? Jetzt glaube ich, dass es bei mir vielleicht ein spezieller Fall ist und wir können ja nochmal drüber reden.

Aber das Ziel zum Beispiel bei mir ist es tatsächlich, viel eher so was zu haben wie eine ganz tolle Work-Life-Balance. Da bin ich ziemlich in der goldenen Mitte angekommen und habe jetzt gerade eine ganz schöne, tolle Zeit. Also, ich bin wirklich sehr zufrieden mit dem.

Und dieses, dass jemand zufrieden ist, das gibt es eigentlich in so einer Skala gar nicht. Schon die Frage, wo bist du beim Hamsterrad, lässt ja gar nicht zu, wo ist dein Zufriedenheitsteil?

LB:
Aber welche Leute kommen in den Workshop? Es sind ja Leute, die genau das Gefühl haben.

BF:
Entschuldigt, dass wir geradeso so ausscheren, aber es muss ja auch möglich sein, ich muss meine Lebensziele eben auch sehr gut, sehr klar ziehen und da ist ja auch im „MDD“-Workshop Thema Grabrede usw. Da ist es halt bei mir nicht auf der Liste, ein verkaufbares Unternehmen zu bauen. Kann aber sein, dass ich in drei Jahren das doch denke, dann würde ich das nochmal antreten, aber im Moment ist das nicht mein Ziel so.

LB:
Wenn du so klar bist damit, dann ist das ja auch super. Das meine ich jetzt ernst, dann finde ich es wirklich richtig klasse, wenn du da so klar bist. Dann hat es auch keine Priorität und dann funktioniert es auch so.

BF:
Genau, im Coaching würde ich sagen, ist kein Bedarf an der Stelle. Trotzdem ist es wichtig, richtig zu delegieren und sein Unternehmen sehr wohl von sich selber losgelöst zu denken.

Also, für genau die Leute, die jetzt gerade zuhören, ist es ein total wichtiger Input und vor allen Dingen für jeden, der Mitarbeiter hat, der delegieren muss und führen muss, ist das eine lohnenswerte Idee, sich das Unternehmen ohne die eigene Person vorzustellen. Und wer jetzt schreit und sagt, kann ich nicht, sollte nochmal in sich gehen.

LB:
Ja, genau und wenn man dieses Hamsterradgefühl hat, dann ist es hundertprozentig Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Da sind wir auch beim ersten Punkt.

BF:
Genau, wir gehen jetzt mal im Medias Res. Los geht’s, Punkt Nummer 1.

LB:
Das man sich erstmal klar wird, dass man delegieren will. Ich habe einen schönen Spruch dazu mal gelesen. Ich zitiere mal so aus dem Kopf: Erfolg ist in unserer Gesellschaft, nicht das Erreichen von Zielen, sondern der eigene Erschöpfungsgrad. Das ist ja wirklich so. Je kaputter ich bin, desto mehr kämpfe ich, gebe ich, brenne ich für irgendwas. Und das ist nicht gesund, so grundsätzlich.

Und ich weiß noch, damals, bei ISOTEC zum Schluss, die letzten zwei Jahre war ich Frühstücksdirektor. Da habe ich 20 Stunden die Woche gearbeitet, mehr nicht. Das war mir fast schon peinlich zuzugeben. Ist ja so, denn in unserer Leistungsgesellschaft ist ja so, wie?

BF:
Da sind wir doch an dem Punkt, wo wir gerade mit mir waren, wo ich denke, soll ich es jetzt laut sagen oder nicht?

LB:
Ja, genau, aber das ist so und deshalb, aber da bin ich nur hingekommen, weil ich delegieren konnte. Das Interessante ist, ich bin ja wirklich einen harten Weg auch gegangen, also für mich hart, es waren auch schwierige Phasen, dass ich wirklich viel zu viel gearbeitet habe. Ich habe 16 Stunden jeden Tag gearbeitet teilweise, wo ich auch wirklich kurz vor dem Burnout war.

Wo ich dann aber gesagt habe, nee, so geht‘s nicht weiter. Mit der Zahlung war eine Kleinigkeit jetzt, aber als ich dann dieses Frühstücksdirektorium erreicht hatte, da ging es meiner Firma auch immer besser. Das muss man auch bewusst machen, weil man dann plötzlich anfangen kann, am Unternehmen zu arbeiten und nicht mehr im Hamsterrad ist. Den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.

BF:
Gut, Punkt Nummer 1: Delegieren wollen. Punkt Nummer 2?

LB:
Die eigenen Kernkompetenzen mal kennen, wieder hier als Unternehmer am und nicht im Unternehmen arbeiten, nochmal klarmachen, Fachkraft, Manager, Unternehmer. Hier, Stefan Merath, der sagt, was ist eine Fachkraft? Wann bist du als Fachkraft unterwegs, wann als Manager? Wann wirklich als Unternehmer?

Ich habe immer ein Beispiel, von einem Unternehmen, was ich kenne, er ist Schreiner. Der hat wirklich eine Passion für gutes Design. Und ist ja genau das, was er da designt und macht und so, das bringt ja das Unternehmen nach vorne und nicht, ich sage mal, es hinterher zusammenzukleben oder schustern oder schreinern von den Dingern oder die Rechnungen schreiben oder Mahnungen schreiben oder sowas. Sondern wirklich sagen, was sind meine Kernkompetenzen und was bringt mein Unternehmen nach vorne?

Und bei mir, nochmal zum Frühstücksdirektor zurück, bei ISOTEC war das so. In dem Moment, wo ich so wenig gearbeitet habe, wo ich ja im Tagesgeschäft komplett raus war und mir komplett frei Gedanken machen konnte, habe ich überlegt, was kann ich tun, damit das Unternehmen wächst, stabiler wird.

Nicht wachsen von wegen viel mehr Geld verdienen, sondern einfach, dass das auch wirklich auf stabilen Füßen steht. Ich habe dann noch zwei Unternehmen gekauft dazu. Und da wäre ich nie auf die Idee gekommen, wenn ich noch weiter in diesem Hamsterrad gewesen wäre. Käme wir der Gedanke gar nicht, also, hier ganz wichtig, Kernkompetenzen kennen. Was macht mir Spaß und was bringt mein Unternehmen nach vorn? Und den Rest dann natürlich abgeben.

BF:
Denn es geht um die Frage, delegieren, aber richtig. Punkt Nummer 3: die richtigen Mitarbeiter auswählen. Das kann ich logischerweise verstehen, wenn ich richtig delegieren will, brauche ich natürlich auch die perfekte Mannschaft.

LB:
Genau und da ist es wichtig, zu gucken, wem kann ich was geben und nicht fachlich, weil ich glaube, fachlich wird oft überschätzt. Das kann man sich meistens beibringen. Es ist viel wichtiger, wer ist denn bereit, die Verantwortung zu übernehmen?

Wenn du jetzt überlegst, zwei Beispiele kann ich da auch gut nennen, bei ISOTEC jetzt nochmal. Der, der zum Schluss der technische Leiter oder mein Kundenbetreuer war, wir haben ihn den Kümmerer genannt, der war Foto-Fachverkäufer. Also komplett ein anderer Bereich, aber der hat so gebrannt für die Aufgabe und so eine Lust gehabt auf die Aufgabe, dass ich gesagt habe, er ist genau der Richtige.

Es war ein goldrichtiger Griff, eine super Entscheidung. Weil er total bereit war, Verantwortung zu übernehmen. Und fachlich hat er sich das alles angeeignet und bestens. Oder hier in der Agentur, Online-Marketing, wo studierst du denn so etwas? Es gibt sehr wahrscheinlich Studienfächer, wo man so etwas in der Richtung auch studieren kann, weiß ich gar nicht ganz genau, muss ich ehrlich sagen.

Aber ich habe Leute hier sitzen, die sind teilweise über 35, über 40, einer sogar über 50. Ja, da gab es sowas ja gar nicht. Sprich, es sind alles Leute, die haben sich das, müssen sich das ein Stückweit selbst beigebracht haben. Selbst beigebracht über Schulungen und so weiter, aber sie übernehmen Verantwortung. Also, sich das bewusst machen. Ich muss nicht nur nach fachlichen Dingen gucken, kann ich, ist aber gar nicht so wichtig. Sondern die Einstellung der Leute, Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, das ist das Entscheidende.

Mitarbeiter-Kompass

BF:
Stichwort Verantwortung ist natürlich wichtig, weil genau diese Verantwortung muss ich eben auch abgeben können. Als Geschäftsführer will ich für alles die Verantwortung haben, ich habe sie auch und kann ich davon vom Kuchen wirklich ein Stück abschneiden und den einem Mitarbeiter geben?

LB:
Ja, da sind wir wieder beim Loslassen, was man da lernen muss.

BF:
Und wie delegiere ich Verantwortung? Was würdest du sagen?

LB:
Verantwortung delegieren, ich gebe dir hier mal das Beispiel mit dem Wocheneinkauf. Den mache ich, dafür bin ich zu Hause verantwortlich. Das ist ganz einfach, Verantwortung delegieren funktioniert nicht so wie ich einkaufen muss. Meine Frau schreibt mir einen detaillierten Einkaufszettel. Da steht wirklich fast bis auf die Marke alles genau drauf. Und den arbeite ich dann quasi ab.

Das ist aber nicht delegieren aus meiner Sicht, das ist wie, wenn man Aufgaben delegiert. Wenn ich dir sage, du schreibt jetzt mal diese E-Mail, du rufst mal bei dem Kunden an. Das ist sehr anstrengend. Verantwortung delegieren wäre, wenn meine Frau sagen würde, ab und an passiert das auch, Lars, am Sonntag kochst du. Das ist Verantwortung delegieren. Dann schreibt sie mir nicht auf, was ich einzukaufen habe, sondern da muss ich mir selber Gedanken machen.

BF:
Und jetzt ist die Frage, was ist dir lieber, Lars?

LB:
Das ist eine gute Frage.

BF:
Wählen Sie Ihre Antwort mit Bedacht, Herr Bobach!

LB:
Ich glaube, ich finde beides gut.

BF:
Ja, mal so, mal so.

LB:
Ich mache beides gern. Aber im Unternehmen ist es genauso. Wenn ich Ziele vorgebe und als Ziel sage, du solltest jetzt am Sonntag das Mittagessen kochen, dann vergebe ich Verantwortung. Oder ich sage, den und den Umsatz wollen wir erreichen, ganz einfach oder soundsoviel Kunden so und so durchschnittlicher Umsatz pro Kunde, keine Ahnung.

Da kann ich ja Kennzahlen vorgehen und dann lasse ich die Zügel los und dann gucke ich, wie kriegen wir das denn hin? Ich gucke da natürlich nicht im halben Jahr, hat er das geschafft, sondern es findet natürlich auch ein regelmäßiger Austausch statt. Aber das ist Verantwortung delegieren.

BF:
Okay, wunderbar, also, gutes Beispiel mit dem Wocheneinkauf, sehr plastisch vorstellbar, wie Verantwortung delegieren funktioniert. Der fünfte und letzte Punkt, kein Mikromanagement. Also, das verstehe ich so wie, nicht so genau nachgucken, ob das dann auch passiert?

LB:
Ja, genau, das ist dieses klassische Mikromanagement, wenn ich dir sage, rufe den Kunden an und dann morgen nachfrage, hast du den Kunden angerufen. Das für mich totales Mikromanagement. Schreibe dieses Angebot und am nächsten Tag nachfragen oder nach zwei, hast du das geschrieben?

Das ist dieses kleinteilige Mikromanagement. Zum einen hassen das die Mitarbeiter, diese Kontrolle, total. Es ist auch ganz schlimm, ich werde oft, es ist wirklich eine regelmäßige Frage, wie machst du das bei Todoist, dass du nachhältst, welche Aufgaben du an Mitarbeiter vergeben hast? Wenn ich denen dann sage, das mache ich null, gar nicht, wirklich. Dann ja wie?

BF:
Die suchen sich dann einfach die richtigen Aufgaben für sich raus und die anderen, die anscheinend nicht wichtig waren, bleiben auf der Strecke?

LB:
Ja.

BF:
Und der Kunde, der zurückgerufen werden muss, der dann nicht zurückgerufen wurde? Der meldet sich dann nochmal?

LB:
Wenn du gute Mitarbeiter hast, passiert das gar nicht.

BF:
Damit sind wir wieder bei Punkt 1, die richtigen Mitarbeiter.

LB:
Genau, aber jetzt mal ehrlich. Wenn hier ein Kunde anruft und nicht zurückgerufen wird, wenn ich da als Chef dafür verantwortlich bin, dass die Kunden zurückgerufen werden, das wäre ja ein Armutszeugnis. Da muss ich schon Mitarbeiter haben, die das selbstverantwortlich machen.

Und genau, wenn du aber da bist und das nachkontrollieren willst, dann ist das Mikromanagement. Ganz schön, ich kenne einen Geschäftsführer von einer Firma, ein paar hundert Mitarbeiter, der hat den ganzen Schreibtisch, also eine Hälfte vom Schreibtisch, voll mit Postits.

Da habe ich ihn gefragt, hör mal, was hast du da denn alles? Also wirklich, 50, 60 bestimmt. Ja, das sind die ganzen Sachen, die ich meinem Mitarbeiter delegiert habe. Und wenn er dann reinkommt, kann ich immer gucken, was habe ich dem noch gegeben, nehme ich den Zettel und frage, hör mal, ich habe dir doch vor drei Tagen gesagt, du sollst das und das machen. Kein Witz! Und das ist Mikromanagement und das sollte man beim Delegieren nicht tun.

BF:
Ich denke mal, solche Leute gibt es gar nicht mehr, aber die kennst dann du?

LB:
Also, da gibt es garantiert noch jede Menge.

BF:
Ja okay, also, falls ihr dazugehört, Postit time ist over. Delegieren, aber richtig.

Punkt Nummer 1: Delegieren wollen.
Also, bewusst sein, dass du nur vorwärtskommst, wenn du abgibst.

Punkt Nummer 2: Die eigenen Kernkompetenzen kennen. Selber unterscheiden lernen, wann bin ich Fachkraft, wann bin ich Manager und wann bin ich Unternehmer?

Punkt Nummer 3: Die richtigen Mitarbeiter auswählen. Ich brauche natürlich die richtige Mannschaft, um sowas umzusetzen, die auch Verantwortung übernehmen möchte.

Punkt Nummer 4: Genau diese Verantwortung dann auch delegieren, sprich, nicht nur Einkaufsliste geben, sondern sagen, du bist verantwortlich für das Mittagessen am Sonntag.

Und bitte kein Mikromanagement, auf gar keinen Fall und schon gar nicht mit Postit-Zetteln.

Abschlussfrage an dich, Lars, was machst du denn mit dem Gefühl des Kontrollverlustes? Genießt du das oder leidest du darunter?

LB:
Das habe ich gar nicht mehr, den Kontrollverlust, sondern ich genieße es, wenn dann tolle Ergebnisse erzielt werden. Wenn ich dann sehe, wie mein ehemaliger ISOTEC-Betrieb, wie mein jetziger Geschäftsführer, da wirklich tolle Ergebnisse erzielt, freue ich mich total.

BF:
Peter Hohl sagt, Delegieren lernen, wenn ich erfolgreich delegieren will, muss ich zu allererst lernen, dass Dinge auch dann gut gemacht sein können, wenn sie nicht so gemacht werden, wie ich sie gemacht hätte.

In diesem Sinne wünschen wir euch wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.