Herbert ist der deutsche Evernote Experte. Wenn man Detailfragen zu Evernote hat, kommt man um seinen Blog nicht herum. Auch ein Buch hat er schon dazu veröffentlicht „Mit Evernote Selbstorganisation und Informationsmanagement optimieren“.

Pünktlich zur Buchmesse erscheint nun sein neues Buch „Digital Cleaning“.
Es steht für die Einfachheit, mit der man alle Dokumente, Fotos, Notizen ablegen kann und sehr schnell wiederfindet, auch, wenn es das entsprechende Programm dazu nicht mehr gibt, weil es, wie in der Vergangenheit schon passiert, einfach eingestellt wird.

Hier das Transkript des gesamten Podcasts und vorab die erwähnten Sponsoren und Links:

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Digital CleaningMit Evernote Selbstorganisation und Informationsmanagement optimieren
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LB: Herzlich willkommen zum Podcast „Produktiv in digitalen Zeiten“. Wir geben Orientierung im digitalen Dschungel, so dass wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Mein Name ist Lars Bobach und ich sitze heute hier zusammen mit dem Herbert Hertramph. Hallo Herbert.

HH: Hallo Lars, grüß Dich.

LB: Ja, super. Der Herbert ist, wenn ich sage, ich gebe Orientierung im digitalen Dschungel, das kann der Herbert aber auch von sich behaupten, vielleicht sogar noch bisschen mehr, zumindest in ganz vielen Bereichen. Der Herbert ist erstmal Diplom Sozialwissenschaftler am Institut für Psychologie und Pädagogik an der Uni Ulm und hat da den Schwerpunkt mediengestütztes Lernen. Aber daher kenne ich ihn auch gar nicht und da werden die wenigsten von Euch ihn her kennen. Sondern die meisten kennen ihn sehr wahrscheinlich von seinem Blog Evernote für Pfiffige, der jetzt unter Notieren.de läuft. Das hast Du irgendwann mal geändert?

HH: Genau, da habe ich dann eine eigene Domain gekauft.

LB: Genau. Herbert hat ein Buch geschrieben zu Evernote und zwar mit dem schlanken und einprägsamen Namen „Mit Evernote Selbstorganisation und Informationsmanagement optimieren“. Ist auf jeden Fall eine Leseempfehlung, habe ich auch eine Rezension auf meinem Blog drübergeschrieben. Für jeden, der tiefer in die Materie Evernote eintauchen möchte, aber auch für wirkliche Einsteiger sehr gut geeignet, weil die Basics da auch wahnsinnig gut erklärt sind.

Jetzt hat er aber ein neues Buch auf den Markt gebracht. Es ist gerade rausgekommen und es hat wirklich den diesmal kürzeren Titel, diesmal wirklich einprägsam: „Digital Cleaning“. Ist das Englisch ausgesprochen, ist richtig?

HH: Ja.

LB: Darüber wollen wir also heute sprechen. Aber vorab mal eine Frage, Herbert. Wie viel Notizen hast Du denn derzeit in Evernote abgelegt?

HH: Das sind 16.300.

LB: Ach, schade. Ich dachte, ich wäre vor Dir!

HH: Ja? Also, Notizen bedeutet in dem Fall PDF Dokumente, Fotos, Kurznotizen. Also alles, was eine Evernote Notiz hergibt.

LB: Wie lange legst Du da schon Sachen ab in Evernote?

HH: Pi mal Daumen seit 2011. Also 2008 habe ich das, wie die meisten, so mal kurz entdeckt. Da war das ja noch eine offline Variante und 2010, mit Beginn meines ersten iPhones, habe ich dann die App ausprobiert, aber nicht wirklich benutzt, bis dann die Notwendigkeit so dringend wurde, dass ich mich ungefähr 2011 mal richtig drum gekümmert habe.

LB: Schön. Du bist ja der deutsche Evernote Experte, würde ich sagen. Also, wenn man was zu Evernote sucht, so Detailfragen und so, da kommt man um Deinen Blog ja quasi nicht drum herum. Erzähle uns doch mal ganz kurz den Werdegang, wie Du dazu gekommen bist und was Dich da antreibt?

HH: Okay, ich hole vielleicht ein paar Jahre früher noch aus. Eigentlich, diese Grundthematik, die jenseits von allen Tools ist, war bei mir, wie bei vielen anderen, es fallen immer mehr Informationen an, egal, ob nun Word Dokumente oder Dateien oder irgendwas, was man aus dem Web abspeichert. Und wohin damit? So, dass man es vor allen Dingen wiederfindet. Das Ganze auf einer Festplatte in irgendeinem Dateiwust zu speichern, das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass es da verloren geht und von 2000 bis 2010 habe ich relativ viele Dinge ausprobiert. Titel Wiki sagt vielleicht einigen noch etwas, das ist so ein Wiki-System im Browser. Dann auch eigene Wiki Systeme aufzulegen, dann mit ganz einfachen Word Dateien zu arbeiten. Und das alles hat dazu geführt, dass ich ständig von einem Tool zum nächsten hüpfen musste. Und dann immer wieder von neuem überlegen musste, wo habe ich was gespeichert. Also, mir fehlte dieser zentrale Ort, wo ich relativ gut und schnell eine Suche durchführen konnte und auch verschiedene Arten von Informationen ablegen konnte. Und das wurde dann Evernote, wobei ich schon jetzt gleich dazu sage, man kann das auch mit anderen Tools machen und auch anders machen, aber, das hat sich jetzt bei mir persönlich einfach sehr bewährt.

LB: Und wie bist Du auf die Idee gekommen, darüber zu bloggen und dann so wirklich, Du hast ja hunderte von Artikeln geschrieben.

HH: Ja, das fing eigentlich sehr klein an. Also, ich habe diverse Blogs schon die Jahre vorher gehabt zu unterschiedlichen Themen und deswegen war das jetzt technisch für mich nicht weiter eine große Sache. Die Idee war, mal ein paar Tipps zu geben, die mir aufgefallen sind. Denn zur damaligen Zeit gab es noch fast nichts über Evernote außer die Software selbst. Und das fand überraschend schnell Anklang, hätte ich vorher selber nicht so gedacht. Dann kam sehr bald die Frage auf, ob ich das nicht systematisch mal zusammenfassen könnte und ein Verlag trat an mich heran. Dadurch ist die ganze Geschichte eigentlich ins Laufen gekommen.

LB: Ist ja auch mittlerweile von dem Buch über Evernote, ist ja die zweite Auflage oder zweite Version jetzt erschienen?

HH: Genau, die erste war mit 200 Seiten. Die zweite ist mit 300 Seiten. Theoretisch könnte ich jetzt noch mal, da sich sehr viel auch erneuert hat am Evernote, eins schreiben. Aber ich denke, ich lasse es erstmal bei diesem Klassiker gewissermaßen.

LB: Jetzt muss ich aber Dich eine Sache fragen, die schießt mir sofort in den Kopf, wo Du sagst, da hat sich so viel geändert. Was mich ja wirklich ein bisschen nervt in letzter Zeit, ist, diese Konten, dass man da immer umschalten muss. Ich bin ja Evernote Businesskunde, klar, ich habe ja mehrere Firmen, wo wir das nutzen und ich muss immer in den Konten wechseln. Das nervt mich irgendwie.

HH: Kann ich gut verstehen. Im Evernote Forum haben sich auch viele drüber beschwert und ich vermute mal, dass das Unternehmen da nochmal gründlich nachdenken wird, ob das nicht nochmal geändert wird.

LB: Es ist wirklich so, wenn du jetzt eine Datei zwischen den Konten hin- und herschiebst, ist es ein bisschen komplizierter geworden. Ich finde auf jeden Fall, man muss immer überlegen, wo suche ich denn jetzt und wo ist mein Notizbuch? Habe ich das jetzt privat? Ach nee, das ist ja ein Firmen-Notizbuch. Also, das ist irgendwie wirklich blöd. Das haben die sich auch jetzt in der Mac-App ja auch von iPad abgeguckt.

HH: Ja, genau.

LB: Damit haben sie angefangen.

HH: Ja, es gab ursprünglich mal den Wunsch von Anwendern, das getrennter zu haben, weil die das nicht so gerne vermischt haben, aber es ist immer schwer, dass da allen Gruppen rechtzumachen.

LB: Das ist klar. Ja, wo ich jetzt beides habe, ist es wirklich, vielleicht ist es auch einfach nur eine Gewohnheitssache, also, selbst am iPad, was ja jetzt ist, da gibt es die neue App ja schon was länger, habe ich mich jetzt nach den Monaten, die ich die nutze, auch noch nicht so richtig daran gewöhnt, muss ich ehrlich sagen. Aber, ist auch egal, wir wollen hier nicht über Evernote schimpfen.

Evernote ist ein tolles Tool, überhaupt keine Frage, habe ich auch schon genug Podcasts zu gemacht und auch einen Blog zu geschrieben. Jetzt wollen wir uns aber mit Deinem neuen Buch, Digital Cleaning, mal beschäftigen. Was ist denn die Idee hinter dem Buch?

HH: Okay, die Idee ist zu schauen, kommt man nicht ganz ohne Tools oder mit relativ wenigen aus? Vor allen Dingen ohne die Abhängigkeit von einem bestimmten Tool. Das war einer der häufigsten Fragen, die mich in den letzten Jahren erreicht haben, was passiert denn, wenn Evernote aufgekauft wird oder das Geld geht aus oder was auch immer? Was ist denn mit meinen Daten, wenn die auf amerikanischen Servern liegen? Du hast da ja auch einen sehr guten Podcast gemacht mit einem Mitarbeiter von Evernote aus Zürich. Wo Du eben auch sehr hartnäckig gefragt hast, ja, Unternehmen wollen aber die Daten eigentlich gerne auf einem deutschen Serverstandort haben. Und da hat Evernote keine richtige Lösung im Moment und auch nicht mittelfristig angepeilt.

Die Server sind zwar aus meiner Sicht recht sicher, es sind Google Server und da noch mal abgekapselt davon. Und noch mit viel besseren AGBs als Google das hat. Aber es bleibt dabei, die Server von Google stehen im Ausland und man ist sich da nicht sicher. So, also, egal, welches Tool man nimmt, auch OneNote oder was auch immer, man läuft immer Gefahr, dass ein System, das man sich ganz toll aufgebaut hat, was auch sehr gut funktioniert, fast über Nacht verschwindet.

Wir hatten das beim Google Reader, der viele Nutzer hatte und vor ein paar Jahren von Google eingestampft wurde. Wir haben das gerade bei einem kleinen Programm, Wunderlist, gehabt, dass aufgekauft wurde von Microsoft. Und nun auch das Zeitliche segnet.

Also, kommt man nicht in der Grundversion ohne Tools aus, war meine erste Frage? Gibt es da ein System, womit man Informationen managen kann? Und meine zweite Frage war, gibt es das auch plattformübergreifend?
Also, dass ich mich wiederum nicht abhängig mache von Mac oder von Windows, nehmen wir Beispiel Mac. Das hat eigentlich eine ganz tolle Funktion, nämlich Etiketten vergeben für Dateien. Farbetiketten oder Stichworte, wunderbar, aber in der Sekunde, wo ich diese Datei auf einen Windows-Rechner schiebe oder auf einen externen Server, kann ich diese Etiketten nicht mehr nutzen. Also, das heißt, komme ich mit einem Grundsystem aus, was sowohl unter Windows als auch unter Mac und nach Möglichkeit Linux funktioniert? Plus auch unabhängig Zugriff hat von Android oder iOS, dass ich also auch da nicht festgelegt bin? Plus mir die Möglichkeit gibt, meine Daten völlig bei mir zu lassen oder auf einem deutschen Server oder verschlüsselt? Also, gibt es ein solches universelles System, was ich so als Grundvoraussetzung einrichten kann?

LB: Und wie hast Du diese Frage beantworten können? Gibt es das?

HH: Ja, das gibt es und es ist nicht schwer. Es klingt sogar sehr simpel. Aber man kann unheimlich viel nachher damit machen. Also, man landet dann sehr schnell, wenn man sich auf diese Roots zurückzieht, natürlich bei einem Ordnersystem und Dateiensystem, die nach bestimmten Mustern zu benennen. Das ist nun nichts weltbewegendes Neues.

Nehmen wir das Datum als Beispiel, das voranzustellen einem Dateinamen. Das machen bereits viele und das funktioniert zum Beispiel für die Steuer oder so wunderbar. Wenn meine Scans da in den Monatsordnern oder Jahresordnern dann automatisch landen, habe ich damit ja alles. Also, von diesem Basissystem ausgehend, das aber sehr flach gehalten wird und sehr einfach, das auch nur ganz wenige Orte hat. Nämlich einen Archivort, wo eben die Dinge reinkommen, die behaltenswert sind, einen Prozessort, also jene Dateien, mit denen ich im Moment arbeite, die ich für ein aktuelles Projekt brauche. Und einen Nachschlageort, wo ich immer wieder auf Informationen zurückgreifen muss wie Adressinformationen oder Checklisten oder so.

Mit diesen drei Ordnern, die ich da so als Master Ordner kennzeichne, habe ich ein System, das sich überall einhängen kann. Also, wenn ich von Windows auf Mac wechsle, muss ich quasi nur an einer Stelle den Haken nehmen und kann damit die gesamten Unterordner und Unterverzeichnisse mit rüberziehen usw. Das ist so mal die Grundidee erstmal.

LB: Okay, das ist dieses Blackbox Archiv?

HH: Das Blackbox Archiv ist die Stufe vorher, nämlich die Frage, was lenkt meine Aufmerksamkeit ab?

LB: Also, einfach mal saubermachen? Einfach mal alles weg?

HH: Genau, wirklich entrümpeln. Wirklich das, was ich seit Jahren mitschleppe, auszuräumen, weg zu tun auf einen anderen Speicherort und wirklich aus den Augen zu haben und nicht nur auf einer Partition auf meiner Festplatte.

LB: Okay. Was ist denn jetzt die Zielgruppe dieses Buches? Wen würdest Du denn da sagen, wer ist da der, den Du da als Zielgruppe im Blick hast?

HH: Ja, also, im Prinzip erst mal all diejenigen, die an verschiedenen Standorten mit Dateien arbeiten müssen und der typische Home-Office Anwender. Wenn wir eine Berufsgruppe nehmen wollen wir jetzt bei mir. Ich bin an einer Hochschule, d. h., ich arbeite sowohl im Büro als auch zu Hause mit den gleichen Dateien. Lehrer wären eine ähnliche Zielgruppe, aber eben auch Leute, die von unterwegs auf ihre Dateien zugreifen müssen. Das wäre mal so von den Gruppen her und von der Funktion her, quasi jeder, der öfters erlebt, dass er nicht wirklich das findet, was er braucht, benötigt und sucht und von dem er aber weiß, auf irgendeiner Cloud hat er das abgespeichert oder auf irgendeinem Festplattenlaufwerk oder USB Speicher. Und dann mit dem Suchen sehr viel Zeit verbringt.

LB: Aber, wenn ich mir das so anhören, ist es ja schon eine Gruppe, die technisch schon eine gewisse Affinität haben muss, oder?

HH: Ja, ich habe versucht, das so ein bisschen in die Mitte zu machen und zwar aus folgendem Blickpunkt: Wenn in dem Moment, wo ein System sehr aufwendig wird zu pflegen, brauche ich relativ viel Zeit und verliere sehr schnell die Lust, wenn ich nicht sehr technikaffin bin, sprich, ich muss dieses System so automatisieren können, dass ich eventuell mal die Grundeinrichtungen mir überlege, die dann zu meiner Situation passen, dass aber der Rest relativ automatisch geht. Ich mache das vielleicht mal am Beispiel Verschlüsselung deutlich. Die meisten kennen PGP, also, predicate privacy, eine Verschlüsselung für E-Mails. Gibt es seit Jahrzehnten, funktioniert theoretisch auch wunderbar. Verschlüsselt Mails hoch, aber der Aufwand, eine Mail zu verschlüsseln und dass der Empfänger damit umgehen kann, ist dermaßen hoch, dass das in der Praxis kaum jemand nutzt.

LB: Ja.

HH: Und man verliert auch schnell die Lust, sowohl, sich darein zu fuchsen als auch nachher das durchgängig beizubehalten. Bei den Verschlüsselungsvarianten, die ich da vorschlage, ist die Geschichte unheimlich einfach. Man legt ein einziges Mal einen Tresor an. Dieser Tresor kann sich in der Cloud befinden, kann sich auch auf dem eigenen Speicher befinden, wo auch immer. Und man hat permanent die Tür offen zu diesem Tresor von seinem eigenen System her. Geschlossen bleibt dieser Tresor aber gegenüber allen anderen Leuten. Das heißt, ich muss da gar nicht überlegen, wie ich diesen Tresor bediene. Der kriegt einen Laufwerksbuchstaben, sagen wir mal „P“ und da schiebe ich meine Dateien rein und in dem Moment sind die End-zu-End-verschlüsselt. Also kein Serverbetreiber und keine NSA und niemand kann die lesen. Ich selbst muss aber gar nichts wissen und verstehen davon, wie ich diesen Tresor jetzt aufschließen wieder zuschließen, wieder aufmache bei einer anderen Datei oder Ähnliches. Der bleibt für mich persönlich immer zugänglich.

LB: Okay, also, da ist jetzt nicht wahnsinnig viel technisches Wissen notwendig, um sowas einzurichten?

HH: Genau, man muss sich sicherlich mit einigen Tools, die ich da auch beschreibe, einfach mal etwas auseinandersetzen, aber das ist auch mal an einem regnerischen Sonntag gemacht und wenn man das System eingerichtet hat, dann läuft es eigentlich. Man muss natürlich schon ab und zu ein Auge drauf haben, funktioniert noch alles so, wie ich mir das gedacht habe? Aber innerhalb der Woche oder des Monats muss ich nicht viel wissen. Allgemeine Back-up Verfahren, du kennst als Mac Anwender die Time Machine, wunderbar einfach, wunderbar simple, in zwei, drei Minuten eingerichtet und du hast sie in fünf Minuten verstanden, wie sie funktioniert. Und ich habe dann für Windows und auch bei den anderen Tools drauf geachtet, dass die ähnlich simpel und leicht zu verstehen sind.

LB: Okay, ja, Time Machine, super. Jetzt meine Frage, ist das denn jetzt mehr für Einzelpersonen oder können auch hier in der „Produktiv in digitalen Zeiten“-Community, hören ja viele Selbstständige und Unternehmer auch zu, ist das denn auch was für Unternehmen?

HH: Jein, also, für kleine oder für Teams oder so etwas, kann ich mir das ganz gut vorstellen, weil ich dabei auch angeschnitten habe, wie man eben die Zusammenarbeit über die Cloud automatisieren kann. Aber im Fokus steht schon der Einzelanwender mit seiner Familie, sage ich mal. Denn in der Sekunde, wo man jetzt das Ganze für ein Unternehmen dann noch mal aufsetzen würde, muss man einfach ganz viele Dinge berücksichtigen. Da gehe ich mit Kundendaten um, dann hat jedes Unternehmen sein eigenes System, also mit Nummern und Zertifizierungen umzugehen und Ähnliches. Das hätte den Rahmen eines solchen Buchs gesprengt. Und ich habe schon den typischen Home-Office Arbeiter vor Augen, der von mir aus mit seinen Kollegen oder im Kollegium mit Leuten zusammenarbeitet, so diesem Kreis ungefähr.

LB: Okay, alles klar. Jetzt muss ich aber mal eine ganz ketzerische Frage stellen. Und zwar die Suchalgorithmen, die werden ja immer besser und ich sage mal, beim Mac, bei Google, bei Evernote. Wie wichtig ist denn da die Ablage überhaupt? Kann ich das nicht einfach irgendwo reinschmeißen demnächst, ich kriege das gar mehr mit, wo das liegt, aber durch die Suche finde ich einfach alles?

HH: Nein, aus einem bestimmten Grund. Die Suchen, das merkt man sehr schön bei der Windows 10 Suche, Cortana liefert dir nämlich jetzt plötzlich unheimlich viele Ergebnisse. Inhalte von Wikipedia Artikeln, irgendwelche Webseiten, die du angeschaut hast, Apps aus dem App Store usw. Also, wenn du dich nur auf diese Algorithmen verlässt, die werden schnell sehr schwammig.

Du kannst es probieren bei der Apple Bildersuche oder der Google Bildersuche. Du kannst natürlich sagen, zeige mir alle Fotos mit einem Stuhl aus Mallorca. Die Suchen bringen dir auch diese Fotos, aber sie übersehen einfach 20 Fotos, wo der Stuhl anders aussieht. Das heißt, wenn du schnell und präzise nach deiner eigenen Information suchst, dann bist du sehr viel flotter mit einem System, das zum Beispiel an einem Knotenpunkt ansetzt und alles Überflüssige weglässt.

Also, wenn du eine Steuerunterlage, einen Versicherungsvertrag für die Feuerversicherung suchst und du startest diese Suche einfach an dem anderen Punkt Archivordner, dann findest du sehr schnell exakt dieses Dokument. Wenn du in Spotlight oder irgendwo eingibst, such mir Dateien mit dem Stichwort Feuer, findet er auch dieses Argument, aber eben auch 40 andere Dokumente.

LB: Okay. Um es abzuschließen, ist es so, wenn Du jetzt sagst, unabhängig von Apps und auch von Evernote unabhängig, egal, welche Tools, wann wird sich Dein Blog denn dahin entwickeln?

HH: Also, im Moment habe ich erstmal einen zweiten Blog gemacht mit dem bezeichnenden Namen Digital Cleaning. Ich möchte den Evernote Blog weiter so führen. Ich glaube, dass von Evernote noch einiges kommt, was wirklich gut ist. Und ich möchte Themen, die sich eng am Evernote anschließen, dort weiterführen, während ich alternative Geschichten oder Dinge, die schlicht und einfach nichts oder fast nichts mit Evernote zu tun haben, in diesem zweiten Blog anschneiden werde. Eben, dass man mit bestimmten Clouds bestimmte Dinge machen kann und Ähnliches, ganz unabhängig von einem bestimmten System.

LB: Okay, und wenn ich jetzt sage, das habe ich alles verstanden, genau das ist mein Weg. Ich möchte nicht abhängig sein von so großen amerikanischen Clouddiensten und so, was wäre denn der erste Schritt, den ich machen müsste? Das wäre dann das Black Box Archiv?

HH: Blackbox Archiv wäre der erste Schritt mal, um wieder den Blick frei zu bekommen von den zig tausend Ordnern. Der zweite Schritt wäre, mir anhand der Beispiele, die ich da drin habe, zu überlegen, was passt zu mir selbst? Also, meine Idee war, ein undogmatischse Buch zu schreiben. Nicht die Ninja-Methoden der fünf tollsten Geheimnisse des Dateimanagements oder so, sondern zu sagen, es gibt so Grundprinzipien und ihr könnt euch eben überlegen, passen die zu euch, zu eurer Arbeit, zu eurem Alltag? Und ihr müsst ein Stück natürlich selber überlegen, was dazu passt, weil schlicht und einfach die Bandbreite zu groß ist. Du hast einen alleinerziehenden Vater, bei dem springen fünf hungrige Kinder herum. Und der muss am Nachmittag noch irgendeine Excel Datei fertigstellen und er will ein System, was ganz schnell und pflegeleicht ist und was nur so Basics hat.

Du hast aber auch jemanden, der sehr systematisch drauf angewiesen ist, bestimmte Dateien immer zu finden. Und der wird schlicht und einfach mehr Zeit reinstecken. Also, das ist mal die erste Sache, dass man sich inhaltlich überlegt, worauf will ich hinaus? Welche Arten von Dokumenten, Dateien, Webinformation, was auch immer, mit welchen gehe ich da um? Und das zweite ist dann, sich zu fragen, okay, wenn ich mir die Grundstruktur eingerichtet habe. Das geht recht schnell. Wie kann ich die so pflegen, dass sie wenig Aufwand macht? Und da bringe ich durchaus Tools wieder rein, allerdings Tools, die auch leicht zu ersetzen sind. Also einmal welche, die sich bewährt haben, von denen ich jetzt einfach mal annehmen würde, sagen wir Datei- Umbenennungstools, dass die noch länger am Markt bleiben oder für Mac Anwender Hazel, kennst Du sicherlich, das ist jetzt schon viele Jahre am Markt und hat eine große Anwenderschar.

Das sage ich, das kann man zum Aufräumen wunderbar benutzen, das wäre also eine Empfehlung und wenn es sie nicht mehr auf dem Markt gäbe, kann man es ersetzen, das System bricht dadurch nicht zusammen. Also, ich zeige eine ganze Reihe von Tools, die zum Beispiel beim Scannen erkennen, um welche Dokumentenarten es sich handelt, die automatisch den Ordner wählen, wo etwas hineinkommt, die die Eingangsordner und Downloadordner überwachen und Ähnliches. Wo ich sage, okay, da könnt ihr euch jetzt aussuchen, wollt ihr das alles machen oder nur einen Teil davon. Wenn ihr das aber eingerichtet habt, wird euch viel Arbeit im Alltag abgenommen und ihr müsst da gar nicht mehr drüber nachdenken.

LB: Okay, ja, dann sage ich erstmal Danke bis hierhin. Und bevor wir jetzt gleich zu den Abschlussfragen kommen, wollen wir uns kurz bei unserem Sponsor bedanken.

So, da sind wir wieder zurück mit Herbert Hertramph. Herbert, was ist Dein wichtigster Selbstmanagement-Tipp?

HH: Ja, ich würde sagen, mit etwas, was man sich vorgenommen hat, auch zu beginnen. Die Hauptgeschichte ist eigentlich die, den Anfang zu finden. Wenn man den geschafft hat, dann hat man schon mal 40 Prozent der Hauptarbeit gemacht. Denn es fällt einem dann meistens viel leichter als man vorher denkt, fortzufahren.

LB: Ja, das stimmt. Deshalb, ich sage auch immer, gegen Aufschieberitis, das Wichtigste ist, wirklich die Aufgabe so klein wie möglich zu hacken und das kann schon lächerlich klein sein, die erste Aufgabe. Den ersten Satz schreiben im Blogartikel und plötzlich geht alles dann ganz einfach.
Sehr guter Tipp. Mit welchem Trick bleibst Du denn motiviert bei der Erreichung Deiner Ziele?

HH: So richtig Trick würde ich es nicht nennen. Ich habe mir ein System eingerichtet, wo sehr viel ineinandergreift. Und darüber freue ich mich eigentlich jeden Tag. Also, wenn ich eine Idee habe, die auf meinem iPhone einspreche, dass die dann einsortiert in meinem Evernote liegt und ich am Abend den Blogartikel schreiben kann. Das sind so die Dinge, wo ich einfach sage, okay, da ist schon so viel vorbereitet, dass ich relativ wenig Aufwand nachher habe.

LB: Okay, mit einsprechen, gehen wir schon über zur nächsten Frage, nämlich, welche App oder welchen Internetdienst kannst Du der „Produktiv in digitalen Zeiten“-Community empfehlen?

HH: Also, wenn man iOS verwendet, die App Drafts, die es auch schon einige Jahre auf Markt gibt. Aber deren Potenzial viele nicht ausnutzen. Ist deswegen so toll, weil es eine einfache Text-App ist, die aber mit allen möglichen anderen Apps zusammenarbeitet und Clouddiensten, OneNote, Evernote, Dropbox, was auch immer man will und das Ganze automatisieren kann. Ich habe mir da eine Tastatur einfach programmiert, wo ich vor allen Dingen für neue Ideen, wenn ich an einem Buch sitze, an einem Blogartikel oder einem beruflichen Projekt, verschiedene Rubriken habe und das kostet mich immer nur einen Tastenklick, um den Text, Ideen kommen mir ja meistens unterwegs, der Text landet dann direkt an der richtigen Stelle und ich muss nicht noch mal hin- und herfummeln mit einem Teilmenü und dann irgendwo einordnen.

LB: Super, ja, es ist eine tolle App, finde ich auch. Nutzen viele meiner Leser oder die „Produktiv in digitalen Zeiten“-Community auch als zentrale Inbox, kann man das auch nutzen. Für Ideen, für Aufgaben und alles und von da dann ganz einfach als Schnittstelle zu allen möglichen Apps und anderen Tools, die es gibt. Welches ist denn das Buch, was Dich am meisten als Mensch geprägt hat?

HH: Ja, so richtig als Mensch geprägt, das ist ein vielleicht bisschen übertrieben, das wären eher so die „Karl May“-Bücher, wo ich mir dann vorgenommen habe, Menschen aus anderen Nationen, die gleich zu behandeln. Und ich glaube, das ist heute eine ganz wichtige Geschichte.

LB: Welches ist der beste Ratschlag, den Du jemals erhalten hast?

HH: Der beste Ratschlag? Ja, genau, und zwar eine Stelle aus dem Alten Testament, die sagt, sei nicht allzu perfekt. Also, im Hebräischen steht, sei nicht allzu gerecht. Aber, gemeint ist damit schlicht und einfach, in der Sekunde, wo ich versuche, wahnsinnig perfekt alles Mögliche zu machen, verschwende ich eigentlich unheimlich viel Zeit. Und viel wichtiger ist, etwas so gut zu machen, dass es in Ordnung ist und mir das zu ersparen, was nachher noch zum Perfektionismus führt.

LB: Super! Es ist auch in meinen „Mach Dein Ding“-Workshops, die ich ja regelmäßig mache zum Selbstmanagement, ist mit als erstes, da schreibe ich ganz groß auf den Flipchart, get it down and then get it right. Erstmal einfach machen und tun, Perfektionismus, wenn überhaupt, kann irgendwann mal später kommen. Aber die Amerikaner sagen das so schön, erstmal niederschreiben und dann irgendwann kann man nochmal, kann man dann dran feilen oder wenn man es dann überhaupt noch möchte. Okay, super. Wie kann denn die „Produktiv in digitalen Zeiten“-Community mit Dir in Kontakt treten? Wenn sie jetzt da Interesse hat an Digital Cleaning.

HH: Eine wirklich gute Community ist auf Google+ mit inzwischen über 3.000 Leuten, die Evernote.de Community. Weil die sehr viele Alltagsfragen behandeln und dort habe ich jetzt eben auch eine neue Digital Cleaning Community gebaut in der Hoffnung, dass viele ihre eigenen Ideen einbringen. Und dann einfach sagen, wie sie selber etwas gelöst haben.

LB: Super, ja, dann also in die Google+ Gruppe, Digital Cleaning oder Evernote.de. Da bin ich auch Mitglied, das ist wirklich eine sehr aktive Gruppe, finde ich auch.
Ja, Herbert, vielen, vielen, Dank für die ganzen Tipps, den wertvollen Input, den Du uns gegeben hast.

HH: Ja, ich bedanke mich, war toll, mit Dir zu sprechen.

LB: Ja, alle Links kommen wie immer in den Artikel zu dem Interview und dann sage ich mal, Euch wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Ciao.

HH: Tschüss.