Barbara stellt uns heute ein sehr erfolgreiches Coachingmodell vor. Es geht dabei bildlich gesprochen um unser „inneres Team“. Laut dem Psychologen Friedemann Schulz von Thun ist die Pluralität des Menschen ganz normal und hat absolut nichts mit einer multiplen Persönlichkeitsstörung zu tun. Das heißt, wir sind nicht immer einer Meinung mit uns selbst. Aber hört selbst, wie man in zwiespältigen Situationen die Arbeit mit dem inneren Team zur Selbstklärung nutzen kann.

Transkript

LB = Lars Bobach
BF = Barbara Fernández

LB:
Herzlich willkommen zum Podcast Selbstmanagement.Digital. Wir geben Orientierung im digitalen Dschungel, so dass wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Mein Name ist Lars Bobach und ich sitze hier zusammen mit der lieben Barbara, hallo Barbara.

BF:
Hallo lieber Lars.

LB:
Ja, innere Konflikte, fünf Schritte zur Führung des inneren Teams. Inneres Team, was bedeutet das denn?

BF:
Wir alle haben ein inneres Team in uns. Wir sind im nicht immer nur ein Mensch, auch, wenn wir so erstmal außen als Einzelner erscheinen, gibt es ja viele Stimmen in uns, die manchmal auch sehr gegenteilige Aussagen treffen.

Diese unterschiedlichen Stimmen als inneres Team zu verstehen, dass auch eine Führung braucht, ist ein sehr erfolgreiches Coachingmodell, was ich heute vorstellen möchte, weil ich finde, das passt sehr gut für Unternehmer, die schnell in Entscheidungssituationen auch agieren müssen und auch Teamführung gewöhnt sind. Das nicht nur außen, sondern auch innen zu betreiben, ist quasi die Herausforderung.

LB:
Das hat nichts mit multipler Persönlichkeitsstörung oder so zu tun? Das hat jeder, so ein inneres Team?

BF:
Genau, jeder hat quasi ein inneres Team. Oder jeder kennt das sicherlich auch. Das fängt ja beim Schuhkauf an. Ach, die sind schön, oh, die sind aber teuer. Oder oh, die sind aber günstig, sind aber nicht schön genug. Passen die gut genug? Ich brauche die aber unbedingt.

LB:
Und das sind unterschiedliche Leute?

BF:
Es sind unterschiedliche Stimmen, die wir so wahrnehmen. Vielleicht kennst du das ja auch, dass Du bei einer Entscheidung, einen Mitarbeiter einzustellen oder auch, wenn man einem Mitarbeiter kündigt, dass es da Stimmen gibt, die nicht einer Meinung sind. Kennst du sowas?

LB:
Klar, aber das habe ich jetzt nicht als Teamkonflikt so eingeordnet, sondern es ist einfach nur eine Unschlüssigkeit irgendwie.

BF:
Genau und diese Unschlüssigkeiten können uns ja manchmal auch lähmen und für solche Situationen ist die Auseinandersetzung mit dem inneren Team eine hervorragende Möglichkeit.

LB:
Aber dieses innere Team ist jetzt wirklich nur ein Bild, mit dem du arbeitest?

BF:
Genau, das innere Team ist ein Bild. Es ist ein Persönlichkeitsmodell von Friedemann Schulz von Thun. Den kennen vielleicht die einen oder anderen. Er ist ein Psychologe und zugrunde liegt die Annahme, dass die Pluralität des Menschen ganz normal ist. Das heißt, wir sind nicht immer einer Meinung mit uns selbst.

Und dieses nicht einer Meinung mit sich selbst sein in Bezug auf zum Beispiel, soll ich dem Mitarbeiter kündigen? Ja oder nein, da melden sich verschiedene Anteile unserer Persönlichkeit. Und der Unternehmer sagt vielleicht, der Mitarbeiter bringt nicht genug, der muss jetzt wirklich gekündigt werden. Dann gibt es aber noch vielleicht einen sozialen Gegenpart, der sagt, ich habe aber eine Verantwortung übernommen und habe ich dem wirklich genug Zeit gegeben, um herauszufinden, ob er sich hier im Team zurechtfindet?

Dieses Bild kann man einfach nehmen, um mit solchen Stimmen zu arbeiten und einen Schritt weiterzukommen. Also, ich selber bin quasi Führungskraft meines eigenen Teams und kann in zwiespältigen Situationen die Arbeit mit dem inneren Team zur Selbstklärung nutzen. So die grundsätzliche Herangehensweise.

Wir müssen als Unternehmer ja tagtäglich mit Situationen klarkommen, wo wir schnell sein müssen, wo wir Entscheidungen treffen müssen, wo wir nicht unbedingt immer einen Sparringspartner haben, dem wir sagen, eigentlich denke ich ja, aber da meldet sich auch noch so eine andere Stimme. Oft ist es, wenn ich trotzdem die Entscheidung treffe, läuft uns diese eine Stimme nach. Das ist dann die Stimme, die vielleicht kommt, wenn wir nachts wachliegen oder auf dem Weg zum Büro, wenn wir denken, war das die richtige Entscheidung?

LB:
Und jetzt sagst du, das ist also völlig normal bzw. dieser Psychologe Schulz von Thun sagt, diese Pluralität ist ganz normal?

BF:
Ganz genau. Das ist ein ganz normaler Zustand, dem alle Menschen ausgesetzt sind. Ich bin dieser Situation ausgesetzt, dieser Pluralität und du auch. Ich habe dich vorhin schon gefragt, ob du solche Stimmen auch kennst.

LB:
Ja, klar. Und dieses Bild mit dem Team, das hat auch dieser Schulz von Thun entwickelt oder ist das jetzt aus dieser Coachingpraxis oder dieses Coaching-Tool, dass man es einfach so nennt?

BF:
Genau, das hat er auch entwickelt und das sind die unterschiedlichen inneren Anteile, von denen wir ausgehen, es gehört zu diesem Persönlichkeitsmodell dazu. Diese inneren Anteile wollen eben Einfluss auf unser Handeln nehmen. Deswegen nehmen wir die als unterschiedliche Stimmen wahr.

LB:
Okay und so Selbstzweifel und so etwas, das gehört auch alles dazu? Das ist ein Teil dann davon oder wie?

BF:
Selbstzweifel würde ich jetzt noch abgrenzen davon. Also, wenn wir da in einem Bereich sind, wo es um das Selbstwertgefühl geht. Aber du kannst grundsätzlich mit dem inneren Team, wenn du die quasi kennst, deine Leute, die da bei dir arbeiten, für dich da sind, dann kannst du die auch positiv einsetzen.

Das heißt, wenn du dein Team gut aufgestellt hast, wenn du auch innerlich die richtigen Mitarbeiter zusammen hast, dann können die dich unterstützen als Führungskraft und du kannst draußen authentisch und mit relativ wenig Selbstzweifeln kommunizieren.

Es geht immer darum, das Ideal der Stimmigkeit zu erreichen, außen und innen. Ohne, dass ich hier vorne was sagen und vertreten muss, was sich da hinten, sprich, in meinem Hinterstübchen, in meinem Kopf, sich vielleicht anders denkt oder womit ich dann nach Hause gehe und wo ich mich ungut fühle mit.

LB:
Ein Team aufstellen? Das hört sich so an, als könnte ich mir das aussuchen? Kann ich das?

BF:
Ja, es kann ein sehr kreativer und auch sehr lustiger Prozess sein. Ich weiß nicht, ob du jetzt mein Beispiel sein magst an der Stelle.

LB:
Wenn es nicht weh tut…

BF:
Wir können mal so eine Softversion hier machen, damit das Ganze auch ein bisschen anschaulich wird. Ich habe gesagt, fünf Schritte zur Führung des inneren Teams und Schritt Nummer eins wäre, das Team sich mal vorzustellen, z. B. als Parlament oder als Fußballteam oder eben als Mitarbeiterteam, wo du verschiedene Typen vergibst. Also, sagen wir mal, bei dir ist doch sicherlich einer dabei, der so treibt und nach vorne geht und sagt, die Dinge müssen erledigt werden? Wie könnten wir den denn zum Beispiel benennen? Er könnte der Antreiber sein.

LB:
Okay, der Antreiber.

BF:
Wen hast du denn noch so, fällt dir spontan ein Gegenspieler ein zu dem?

LB:
Der Gegenspieler ist der, der es gern mal ruhiger angehen lässt, der auch gerne mal auf dem Sofa liegt und Sport guckt.

BF:
Wie nennen wir den denn? Den können wir jetzt Karl-Heinz nennen oder den Couch-Potato, aber nicht so nett.

LB:
Coach-Potato.

BF:
Aber das klingt auch nicht ganz nett, der will vielleicht auch mal einfach mal so ein bisschen Ruhe haben, der muss ja deswegen nicht so negativ benannt werden.

LB:
Dann nennen wir ihn den Gelassenen.

BF:
Okay, also, wir haben den Gelassenen und wir haben den Antreiber. Vielleicht hast du noch ein drittes Beispiel? Mit wem hast du sonst noch so zu tun?

LB:
Oftmals mit, ich weiß nicht, ob das auch jetzt mit dem inneren Team zusammenhängt, dass ich natürlich und da kämpfe ich immer gegen, dass ich mir Gedanken darüber mache, was andere denken.

BF:
Okay, das ist vielleicht der, wie könnte man den nennen?

LB:
Nach außen wirkt es zwar immer so, dass ich mir keine Gedanken mache, mache ich aber schon. Ich meine, das macht ja jeder irgendwo. Ich bin vielleicht auch relativ gut da schon drin, dass es mir manchmal auch relativ egal ist, aber nichtsdestotrotz, die Wirkung auf andere ist mir dann doch manchmal zu wichtig.

BF:
Jetzt stelle ich mir den so vor, dass der eine Brille auf der Nase hat und immer guckt, was die anderen denken? Und wie könnten wir den nennen?

LB:
Eitlen Fatzke.

BF:
Gut, dann hat er noch so einen Spiegel in der Hand und noch so ein Hörrohr, was die anderen da vielleicht da munkeln und mauscheln. Okay, den eitlen Fatzke, den Gelassenen und den Antreiber. Das wäre jetzt Schritt 1, dass man sich hinsetzt und so ein inneres Team malt. Man kann sich auch, also, der Schulz von Tun empfiehlt es auch tatsächlich so, nehmt euch ein Blatt Papier, es darf gern analog sein, könnt ihr aber auch auf dem iPad malen. Oben ein Gesicht und dann wie so einen großen Mantel, unter dem das innere Team sich quasi aufstellt.

Bei dir wären jetzt drei Spieler oder drei Mitarbeiter schon mal dabei. Das können gerne so vier bis sechs sein für den Anfang. Es gibt auch Leute, die können da zehn drunter machen. Ich würde sagen, da wäre dann mal Schluss, sonst wird es auch unübersichtlich.

Um noch ein bisschen den Kopf zu öffnen, kann man auch so mal überlegen, man kann zum Beispiel, jetzt ist gerade Fußballzeit, vielleicht kann man die auch mal als Fußballteam sich denken, den Verteidiger, den Stürmer, den Torwart, den Ersatzspieler. Den, der immer fault, der, der immer Schwalbe macht. Was weiß ich, wen man da so dabei hat?

Man kann auch mal überlegen, hat man Mister Workaholic dabei? Hat man den Besserwisser, die Besserwisserin, am Start? So ein kleines ekliges Monster oder jemand, der immer ins Detail gehen muss, der das nochmal nachlesen muss, die Leseratte oder so ein Sunnyboy. Also, wenn ich dieses Team zusammen habe, habe ich Schritt 1 erledigt und gehe in Schritt 2.

LB:
Da stellt sich mir sofort die Frage, also, diese Ruhe, sich dahinzusetzen mit einem Blatt Papier und das aufzuschreiben.

BF:
Wann machst du die? Morgens zwischen acht und zehn bei MDD, bei „Mach Dein Ding!“

LB:
Nee, ich habe es ja noch nie gemacht. Also, ich glaube, aber das ist doch eher eine Sache, die man mit jemandem machen muss oder? So angeleitet oder ist das eine Sache, die man mit sich selbst ausmacht?

BF:
Also, das klappt total super mit einem Coach natürlich, weil wir die auch noch auf Stühle setzen können. Jetzt wird es vielleicht für den einen oder anderen crazy, aber das ist wirklich eine Sache, die ist total verrückt, wie schnell und einfach das funktioniert. Wenn ich dir jetzt zum Beispiel sagen würde, wir brauchen immer ein Anliegen. Das ist also Schritt Nummer 2, was habe ich für ein Anliegen? Hast du ein kleines Beispiel, stehst du vor irgendeiner Entscheidung?

LB:
Das mit dem Mitarbeiter kündigen können wir ja lassen. Zurzeit habe ich keinen auf dem Kicker.

BF:
Sagen wir mal, das wäre jetzt das Anliegen. Soll ich diesem Mitarbeiter kündigen, ja oder nein? Dann würde ich als Coach zum Beispiel dich bitten, dich auf den Stuhl des Gelassenen zu setzen und würde dich interviewen. Die Stimme desjenigen, der sagt, ja, komm, muss man jetzt auch vielleicht nicht so streng sein oder was fällt dir ein, was könnte der Gelassene sagen?

LB:
Ja, komm, er macht schon seine Arbeit. Bis du da wieder jemand anders gefunden hast, ist so viel Arbeit und Stress. Und vielleicht findest du gar keinen Besseren. Ist doch okay so, wie es läuft.

BF:
Genau. Jetzt würde ich sagen, das wäre hier der Stuhl vom Antreiber. Was sagt denn der Antreiber dem Gelassenen? Was würde der zum Beispiel sagen?

LB:
Mit dem kommen wir nie nach vorne.

BF:
Weiter, was sagt er noch?

LB:
Das reicht eigentlich schon. Ja, „get the right people on the bus“.

BF:
Muss der weg oder wie?

LB:
Ja, der muss weg, wir müssen die richtigen Leute hier im Team, um nach vorne zu kommen. Mit dem gewinnen wir keinen Blumentopf, so etwas.

BF:
Okay, gut, dann haben wir ja noch den, der wissen will, was die anderen denken. Wie haben wir den genannt? Eitler Fatzke. Was sagt der denn zu dieser Mitarbeiter-Kündigung, die hier vielleicht ansteht?

LB:
Ja, hast du mal eine Chance, den harten Hund raushängen zu lassen.

BF:
Da denken die anderen, da ist der Lars jetzt mal hier ganz der harte Hund.

LB:
Ich glaube, in der Situation ist es nicht wichtig.

BF:
Vielleicht würde der eitle Fatzke es, vielleicht auch eine schwierige Bezeichnung, weil, der macht sich ja auch vielleicht Gedanken, ob die anderen gut über dich denken? Da könnte zum Beispiel jetzt auch rauskommen, dass der sich Gedanken macht, was der Mitarbeiter denkt? Ist der Mitarbeiter enttäuscht?

Vielleicht sagt der, erinnere dich mal an das Einstellungsgespräch. Weißt du noch, du hast dich ganz schön aus dem Fenster gelehnt und hast irgendwie ein ganz tolles Panorama aufgezeichnet, wo wir in zwei Jahren sind. Jetzt hast du gerade mal sechs Monate mit dem geschafft, ist das in Ordnung? Da ist die Familie hinterhergezogen und er hat sich jetzt extra gerade hier eingelebt.

Dann kann man sich schon ungefähr so vorstellen, wenn ich jetzt das Anliegen habe und die mal kurz sprechen lasse, was hier so auf den Tisch kommt. Kommt Schritt Nummer 3.

LB:
Okay, als erstes muss ich das Team aufstellen?

BF:
Richtig.

LB:
Also, ich muss Namen vergeben und mir Gedanken machen. Zweitens, das Anliegen wirklich konkret formulieren. Also, ich muss ein Anliegen haben, sonst funktioniert es nicht. Und jetzt das dritte.

BF:
Dass ich jede Stimme hören werde. Da waren wir jetzt schon auf dem Weg zu Schritt 3. Also, ich lasse jeden reden. Wenn ich das alleine mache, dann verschriftliche ich, was die einzelnen Teammitglieder von sich geben. Wenn ich das mit einem Coach mache, habe ich die Möglichkeit, dass der Coach das auch leitet und sagt, ach, ist ja interessant.

Da macht sich gerade einer Sorgen. Was sagt denn jetzt der Antreiber, dem, der sich da so Sorgen macht? Und wer hat hier eigentlich die Hoheit in dem Team? Sind die alle gleichberechtigt oder hat der Antreiber mehr so Führungsqualitäten? Ist für die Führungskraft oben drüber der Antreiber vielleicht auch die Meinung des Antreibers wichtiger als die von dem Gelassenen?

Dann sortieren wir mal so ein bisschen, dann liegen alle Meinungen auf dem Tisch und ich muss alle auf jeden Fall anhören und aussprechen lassen. Das da eine Gruppendynamik kommt wie zum Beispiel, dass der Gelassene auch zum Antreiber sagen könnte, du immer mit deinen schnellen Lösungen, so kommst du auch nicht weiter im Leben. Immer hier ruckzuck das Geschäft nach vorne treiben. Überlegt doch mal, was es sonst noch so gibt auf der Welt. Also, die könnten auch in so Diskussionen eintreten.

LB:
Da merkt man schon, das geht ja nicht, wenn man das alleine macht. Das ist ja fast unmöglich, schwierig.

BF:
Ja, das Ziel wäre, selbst wenn ich es mit einem Coach mache, dass ich das irgendwann sehr wohl alleine machen kann. Es geht nicht darum, in eine Abhängigkeit von einer anderen Person zu kommen, die das für mich führt. Ich kann auf jeden Fall mir in Bezug auf eine aktuelle Konfliktsituation mir zum Beispiel neue Gedanken holen.

Warum ist das so wichtig, dass jede Stimme gehört wird? Einmal sollte uns klar sein, dass die Stimmen zum Beispiel auch Werte vertreten, die wir mitbekommen haben von unseren Eltern zum Beispiel oder Erfahrungen, wie wir groß geworden sind. Das sind vielleicht auch Meinungen von Freunden, Meinungen von Partnern oder Werte in der Gesellschaft oder auch in der Gruppe, in der wir leben.

Dadurch, dass wir jede Stimme einmal anhören, ist letztendlich die Möglichkeit gegeben, dass derjenige nicht weiter Querelen macht. Ich habe ja sonst, wenn ich in unserem Beispiel dem Antreiber mehr Macht gebe und den Mitarbeiter kündige, dann wird vielleicht derjenige, der sich Sorgen macht, was der Mitarbeiter denkt, sich noch drei Wochen lang nachts bei mir melden.

Damit das nicht passiert, kann ich den vorher einfach mal in Ruhe anhören. Und die Idee ist tatsächlich, dass ich wie bei einer Konferenz einen gemeinsamen Konsens am Ende finde. Natürlich gibt es keine Lösung, die alle völlig zufriedenstellen wird, aber ich lasse keinen zurück aus meinem Team. Weil uns bewusst sein sollte, dass jeder Anteil aus dem inneren Team einen ganz wichtigen Part hat. Jeder sorgt für ganz eine wichtige Seite in meinem Leben und deswegen ist diese Stimme, die derjenige sagt, eben auch zu hören.

LB:
Okay.

BF:
Gut, das wäre quasi der vierte Schritt gewesen.

LB:
Das heißt, der vierte Schritt ist der, dass dann jeder auch zu Wort kommt?

BF:
Dass die wie in eine Konferenz miteinander treten, dass eine Diskussion entstehen darf, dass überlegt wird, was hast du dazu zu sagen, was sagt derjenige zu dem Argument, dass richtig eine Konferenz losgeht und auch mit der Frage, wer kann hier mit welcher Aussage nicht leben?

Dann ist der fünfte Schritt, dass ich quasi als Führungskraft, also derjenige, den ich mir da vorstelle, der als erstes gemalt wird mit dem Kopf, mit dem großen Mantel drüber, dass ich jetzt alle Teile auch gehört habe und die Führung übernehme und meine Entscheidung treffe. Aber aufgrund der Tatsache, dass alle Argumente tatsächlich auf dem Tisch liegen. Wichtig ist, wie in dem wirklichen Team, wenn es zur Entscheidung kommt, dass jedes Teammitglied auch wertgeschätzt wird.

LB:
Okay, verstanden. Jetzt einsetzen tue ich das dann hauptsächlich, wenn ich irgendwelche Entscheidung treffen muss oder wann kommt das dann zum Tragen bei dir in der Coaching-Praxis, würde mich mal interessieren. Die Schritte habe ich jetzt verstanden. Wann setze ich denn das jetzt ein?

BF:
Genau so etwas, wie du gerade gesagt hast, vor großen Entscheidungen, in denen ich nahezu einen Lähmungszustand erreiche, weil ich nicht vor und nicht zurück weiß. Soll ich zum Beispiel verkaufen, solch ich den Partner mit ins Boot holen? Soll ich dem Mitarbeiter kündigen? Soll ich die neue Sektion aufmachen oder soll ich lieber versuchen, das einem Subunternehmer zu geben? Soll ich das Geld in die Hand nehmen, in mein Unternehmen investieren, ja oder nein? Frage ich mich jetzt schon seit einem ganzen Jahr lang.

Also auch Sachen, wo wir merken, das sind immer wieder gleiche Muster, aus denen wir nicht austreten können, wo keine Tipps von außen wirklich greifen. Da muss ich mir mal angucken, wer sich eigentlich in meinem inneren Team gegenseitig blockiert? Und das ist wirklich relativ schlicht, die Tatsache, dass, wenn ich mir das angucke wie in einem echten Team.

Da blockieren sich zwei von meinen Mitarbeitern, ich hole die an den Tisch und ich höre mir mal wirklich an, was ist denn hier los und was ist da deine Meinung und was ist deine Geschichte in dem Ganzen? Schon das löst vielleicht nicht hundert Prozent des Problems, aber einen ganz großen Anteil.

LB:
Ja, das glaube ich auch.

BF:
Wenn ich das einmal für mich etabliert habe, dann kenne ich auch meine Pappenheimer. Dann weiß ich ja jetzt, was ich dem Gelassenen sagen muss, damit das mit der Entscheidung hier ein bisschen mehr fluppt. Dann weiß ich auch, wann ich den Antreiber mal ein bisschen zügeln muss und mit welchem Argument ich das tue.

Also, das kann dann so weit gehen, dass man sagt: Gut, damit ich jetzt in der Woche vor meinem Urlaub kein Burnout bekomme, schicke ich den Antreiber immer schon eine Woche vorher in Urlaub. Es sind vielleicht lustige Bilder, auf die man kommt, die auch kreativ sind. So ein Bild kann unheimlich stark was auslösen.

Und dann kann ich in der Woche vor dem Urlaub einfach sagen, ah, mein Antreiber ist schon in Urlaub, ich mache jetzt wirklich nur noch Rückführung und Übergabe, sodass ich entspannt in den Urlaub komme und nicht noch einen Herzinfarkt in der Woche vorher kriege.

LB:
Schönes Bild, klasse. Also, fassen wir mal zusammen. Innere Konflikte, fünf Schritte zur Führung des inneren Teams. Das sind jetzt wirklich fünf Schritte für jemanden, der sich schwertun mit Entscheidungen, wo Entscheidungen hängen, wo man vielleicht lange mit irgendwelchen Gedanken schwanger geht und da einfach mal überlegen, ob man nicht so ein eigenes Team hat. Und der erste Schritt dahin, das Team erstmals als solches wahrnehmen und Namen vergeben. Ein Fußballteam kann es sein oder ein Parlament, wie du es genannt hast oder wie bei mir hier Antreiber. Was habe ich gesagt?

BF:
Den Gelassenen.

LB:
Und den eitlen Fatzke. Genau, dass man sich das erstmal überlegt. Der zweite Schritt ist dann, das Anliegen wirklich formulieren, Beispiel hatten wir eben, soll ich diesem Mitarbeiter jetzt kündigen?

Drittens dann, jeden mal zu Wort kommen lassen, jeder soll sagen, was er und wie er die Entscheidung tragen würde. Und als viertes dann eine Gruppendynamik erlauben, sodass da auch untereinander zwischen den einzelnen Teammitgliedern Austausch stattfindet.

Und als fünftes dann natürlich das Führungs-Ich, die Metaebene, dass die dann wertschätzend im Team eine Entscheidung trifft und zum Konsens kommt.

BF:
Wunderbar.

LB:
Das sind die fünf Schritte. Hört sich für mich super an, könnte ich mir auch sehr gut ein paar Situationen vorstellen, wo mir das, glaube ich, geholfen hätte bei einigen Entscheidung. Könnte ich mir sehr gut vorstellen. Aber setzt du es denn auch ein, liebe Barbara?

BF.
Ja, ich setze es ein und mich erleichtert ja schon die Tatsache, dass es die Pluralität offiziell gibt. Das ist auch schon mal eine erste Erleichterung, das ist zutiefst menschlich und gehört zum Leben dazu. Mir gefällt auch immer die Idee, dass die unterschiedlichen Anteile wichtig sind, denn ich habe so Tendenzen, dass ich den einen oder anderen aus meinem Team immer so mundtot mache in bestimmten Momenten.

Da weiß ich einfach jetzt sehr gut, dass sich das kontraproduktiv bei mir auswirkt. Ich muss diese Stimme, die da Sorgen äußert oder so ruhig leben lassen und die soll das mal laut und deutlich auch gesagt haben.

LB:
Du hast mir ja im Vorgespräch hier erzählt, dass du jetzt vor einer Entscheidung standest, die dir auch nicht leichtgefallen ist. Hast du da diese Taktik ein Stückweit angewendet?

BF:
Ich setze mich jetzt nicht mehr hin und male, aber ich bin da schon auch intuitiv, aber ich agiere immer in so einem inneren Monolog dann mit diesen unterschiedlichen Anteilen und ich weiß halt einfach, durch eine längere Auseinandersetzung mit so einem Team, dass ich da den einen oder anderen Kollegen habe, der gut versorgt werden muss. Ansonsten fliegt mir das dann um die Ohren.

LB:
Ich glaube, wenn man das einmal aufgesetzt hat, dieses System und sich dessen bewusst ist, da muss man es sehr wahrscheinlich auch nicht immer malen, sondern man weiß dann schon automatisch, welcher sich da gerade zu Wort meldet und wie man damit umgeht.

BF:
Genau und ganz schön ist, dass es wie so eine dritte Person wird. Jeder ist da auch unterschiedlich aufgestellt. Ich kann mich dann auch für manche Sachen so ein bisschen selber angehen oder fertig machen.

Und dann ist es wie ein Schutz, dass ich sage, ja, da hat sich jetzt irgendwie die Sorgenvolle gemeldet und das macht die halt immer, aber die passt eben auch auf, dass keine total verrückten Entscheidungen permanent getroffen werden. Deswegen ist das schon wichtig, dass sie da ist. Die hat sich jetzt auch wieder gemeldet, okay, gut.

Und das läuft dann, wenn ich es einmal aufgesetzt habe, wie du sagst, kann ich das eigentlich als laufendes System gut benutzen.

LB:
Okay, abschließen wollen wir das Ganze mit einem Zitat von keinem geringeren als Johann Wolfgang von Goethe.

BF:
Darf ich da ganz kurz nochmal zwischen? Denn als ich über die Folge nachgedacht habe, ist mir als erstes auch eingefallen, „zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust“ von Goethe und deswegen schließt du jetzt mit einem Goethe-Zitat, das finde ich sehr schön.

LB:
Das wäre natürlich auch ein gutes Zitat. Was ich jetzt hier habe, ist:

„Wenn du eine weise Antwort verlangst, musst du vernünftig fragen.“

In diesem Sinne wünsche euch wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.