Der Schweizer Dr. Beat Bühlmann ist CEO von Evernote EMEA und erzählt heute von einem komplett anderen Thema – sich die Frage zu stellen, ob man überhaupt noch CEO des eigenen Lebens ist und wie man dieses wieder organisiert bekommt.

Hier das Transkript des gesamten Podcasts und vorab die erwähnten Sponsoren und Links:

Sponsoren

Mach Dein Ding – Workshops

Links

Website und Kontaktmöglichkeit:
www.swiss-pdp-approach.com

Publikationen:
Become the CEO of Your Life

Apps:
Google Sheets
Google Drive
Google Suite

Buchempfehlung (amazon affiliate link):
Deep Work von Cal Newport
Deutsche Übersetzung: Konzentriert arbeiten von Cal Newport

Transkript

BB = Beat Bühlmann
LB = Lars Bobach

LB:
Herzlich willkommen zum Podcast Selbstmanagement.Digital. Mein Name ist Lars Bobach, wir geben Orientierung im digitalen Dschungel, so dass wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Heute sitze ich hier zusammen mit dem Beat Bühlmann, hallo Beat.

BB:
Hallo Lars.

LB:
Schön, dass Du da bist, Beat. Freut mich sehr. Den Beat muss ich Euch mal kurz vorstellen. Er hat einen wahnsinnig interessanten Lebenslauf hinter sich. Er ist erstmal in einem innerschweizerischen Landhotel aufgewachsen und hat eine Automechanikerausbildung gemacht. Was dann kam, ist wirklich so eine Cinderella Story, sage ich mal. Informatikstudium, Doktorand, also promoviert, Doktor jetzt und danach wirklich beim „Who is Who“ der Tech-Firmen gearbeitet. HP, Dell, Google und zurzeit ist er CEO von Evernote EMEA, also European Middle East und Africa mit Sitz in Zürich.

Jetzt werdet Ihr Euch sagen, Evernote, super, aber nein. Heute werden wir nicht über Evernote reden, sondern ich rede mit ihm über sein neues Buch. Er hat nämlich auch ein wahnsinnig spannendes Buch geschrieben. „Become the CEO of Your Own Life“, also, werde der CEO Deines eigenen Lebens. Das ist natürlich auch mein Thema, weil mit meinem MDD Selbstmanagement-Board in meinem Lebensplan gehe ich genau in die gleiche Richtung. Ja, Beat, erstmal die Frage, wie bist Du als wirklich einer, der die Karriereleiter anscheinend ja nur hinauffällt, überhaupt auf die Idee zu diesem Buch gekommen?

BB:
Das ist eine gute Frage. Also, als ich „People“-Manager wurde, also zum ersten Mal Leute hatte, die an mich rapportierten, wie man das auf Neudeutsch so schön sagt, habe ich gesagt, ich möchte einen Teil besser machen als die Manager, die ich hatte vorher. Es geht um das Personal Development. Oft bleibt nämlich dazu keine Zeit oder vielleicht ehrlicher gesagt, viele Manager nehmen sich die Zeit nicht, Personal Development Gespräche mit ihren Leuten zu führen.

Ich wollte das etwas besser machen, habe mich ein bisschen umgeschaut, was für Tipps und Tricks gibt es? Wie könnte man das gut machen? Gibt es ein gutes Framework? Und ich habe eigentlich zwei Sachen gefunden. Entweder sind die Sachen, die man machen kann, viel zu kompliziert, viel zu viele Fragen, die man ausfüllen muss. Nachher hast du drei- oder vierdimensionale Modelle aus Resultaten, die die Meisten nicht verstehen. Oder die Sachen, die es gibt, sind zu einfach, auf gut Schweizer Deutsch gesagt, hat zu wenig Fleisch am Knochen. Dann habe ich mir einfach selber etwas zusammengebastelt, so ein guter Mix zwischen nicht zu kompliziert, aber trotzdem qualitativ gut genug.

LB:
Und das machst Du mit Deinen Mitarbeitern? Also, da ist ja nun auch ein sehr hoher persönlicher Anteil, zumindest in meinem Lebensboard ist ja sehr viel Persönliches auch drin. Das machst Du mit den Mitarbeitern bei Dir?

BB:
Genau, es ist so, ich offeriere ein Training allen Mitarbeitern in meiner Firma, damit sie sehen, wie dieses Framework funktioniert. Ob sie dann dieses Framework mit mir dann auch durcharbeiten oder nicht, das ist ein anderes Thema. Da können sie wählen, die meisten tun das, aber das ist kein Muss. Für mich ist das Wichtigste, dass ich den Leuten ein Framework gebe und vor allem den Leuten auch aufzeige, warum es eigentlich wichtig ist, zwischendurch wieder mal aus dem Hamsterrad rauszugehen, etwas zu denken, etwas zu hinterfragen.

Darum offeriere ich es allen und die, die es machen wollen, machen es. In den meisten Fällen machen es eigentlich alle, weil, sie sind oft ein bisschen verloren in der heutigen Zeit. Man hat so viel Auswahl. Geh mal heute in einen Supermarkt und kaufe dir irgendeinen Fruchtjoghurt. Das war vor 20 Jahren einiges einfacher als heute, weil es einfach viel zu viel Auswahl gibt. Das gibt es heute auch. Bei den Ausbildungen gibt sehr viel Auswahl, bei den Kursen, bei den Jobs, bei den Möglichkeiten, bei den Hobbies. Es ist nicht einfach, wie Du gesagt hast, in diesem Dschungel sich zurechtzufinden. Und darum sind eigentlich die meisten Leute froh, wenn sie hier ein bisschen Support bekommen.

LB:
Ich habe Dein Buch gelesen, es ist wirklich sehr gut. Gibt es zurzeit nur auf Englisch, muss man dazu sagen. Ich kann das. Das werden wir natürlich auch wieder verlinken in der in der Podcast Folge. Dazu habe ich aber mal eine Frage. Da ist ja auch ein wichtiger Bestandteil in dem Buch, dass Du Dir so eine Art Mentor suchst, mit dem Du Dich da austauschst, mit dem sozusagen Deine Mindmaps da durchgehst und Deinen Zeitstrahl da. Bist Du dann auch der Mentor für Deine Mitarbeiter?

BB:
Wenn die das möchten, dann mache ich das. Auch hier, es ist kein Muss, ich empfehle, dass man drei, ich nenne die Challenges, auswählt und zwar nenne ich die Challenge und nicht Mentor, weil sie sich wirklich challengen sollen. Das heißt, du machst diese Dokumente, ich denke, auf die kommen wir dann nachher noch kurz zu sprechen und dann muss man die einfach mit anderen Leuten teilen. Möglichst mit Leuten, die einen anderen Background haben, die eine andere Art von Lebens- und Arbeitserfahrung haben, um einfach sicherzustellen, dass es keinen blinden Fleck gibt. Aber auch, um sicherzustellen, es kann auch sein, dass man sich selbst mal irgendwo mal unterschätzt, nicht nur überschätzt, sondern auch mal unterschätzt. Und das jemand sagt, du, in diesem Bereich bist du eigentlich ganz gut, warum steht das nirgends drauf? Einfach zum Sicherstellen, dass du eine gute solide Basis hast, bevor du dann in die nächsten Steps gehst.

LB:
Okay, woran erkenne ich denn jetzt, wenn ich das, das hört sich interessant an, woran erkenne ich denn jetzt, dass ich nicht mehr der CEO meines eigenen Lebens bin?

BB:
Da gibt es verschiedene Zeichen. Man muss halt mal ein bisschen aus dem Hamsterrad raus, mal ein bisschen Ruhe finden und dann sich mal ein paar interessante Fragen stellen wie zum Beispiel, warum habe ich gewisse Sachen gemacht? Da muss man sich einfach ehrlich die Frage stellen, in den Spiegel schauen und wirklich dann eine ehrliche Antwort geben. Wenn man die meisten Sachen macht, weil es jetzt einfach gerade Mode ist oder weil es Andere machen oder weil Andere sagen, das ist cool und ich will auch cool sein, dann ist man nicht mehr sich selber. Ich sage jeweils, go with the flow. Da geht man einfach mit dem Fluss, wenn jetzt gerade Hosen in Mode sind, die unten weit sind, dann habe ich auch solche. Wenn sie geschlossen sind, dann habe ich auch solche, aber was gefällt mir? Was ist für mich wichtig? Wenn man sich diese Frage nicht mehr stellt, sondern sich einfach beeinflussen lässt von allen möglichen Quellen, dann ist man sicher nicht mehr der CEO des eigenen Lebens.

LB:
Ja, das war bei mir, ich hatte ja vor acht, neun Jahren genau so eine Situation. Da war ich definitiv nicht mehr der CEO meines Lebens, obwohl es nach außen vielleicht so aussah. Ich war selbstständig, hatte ein erfolgreiches Unternehmen, aber was bei mir wirklich war, ich hatte das Gefühl, ich trat nur noch auf der Stelle. Also, ich kam überhaupt nicht mehr vorwärts. Ich habe gerödelt, 16 Stunden jeden Tag gearbeitet, kam überhaupt nicht mehr vorwärts. Das ist sicherlich auch ein richtiges Zeichen, dass man da nicht mehr der CEO ist.

BB:
Genau.

LB:
Was glaubst Du denn? Ich meine, erstmal von diesen ganzen Lebensratgebern, da würde ich Dich jetzt um Gotteswillen nicht mit in dasselbe Boot packen. Auch mein Board ist auch nicht so mit diesen Lebensratgebern, aber die gibt es ja zuhauf. Aber Selbstmanagementtipps und solche Sachen, was glaubst Du denn, warum das gerade so en vogue ist? Warum ist das im Mode?

BB:
Es ist in Mode, weil wir, wie am Anfang schon kurz erwähnt, wir leben im Zeitalter des Überflusses. Es gibt Kommunikationsüberfluss, es gibt Informationsüberfluss. Es gibt Möglichkeitsüberfluss. Wenn Du nur mal schaust, alle die möglichen Diplome und Zertifikate, die man an den verschiedenen Schulen und Hochschulen machen kann. Es ist wirklich so, wenn ich vergleiche mit meinen Eltern, mein Großvater war Koch und somit war klar, dass mein Vater auch Koch wird. Nicht, dass ich jetzt sagen will, dass das gut so ist, dass man einfach das macht, was der Vater macht. Aber es war halt einfach einfacher.

Man musste sich gar nicht mit diversen Sachen, wer bin ich, was mache ich gut, was mache schlecht, auseinandersetzen. Es war im Prinzip früher halt einfach, zumindest in der Schweiz, wo ich herkomme, war das einfach so. Wenn der Vater Koch war, dann wird der Sohn auch Koch. Das war halt einfach so. Jetzt ist es eben anders und ich habe es auch bei meinen Eltern gesehen. Die wollten nur das Beste für mich, konnten mir aber in diesem Bereich keinen Support geben. Weil, sie haben das selber nie gemacht. Dort wurde für sie entschieden durch ein bisschen Druck aus der Familie und sie haben das selber nie gemacht. Darum konnten sie mir auch nicht helfen. Das ist eben heute oft noch so, dass die Eltern zwar helfen möchten, aber das gar nicht können, weil sie es selber nie gemacht haben. Diese Leute sind heute aber zum Teil in wichtigen Funktionen, möchten das jetzt dem Mitarbeiter weitergeben, haben es selber nie gemacht und darum braucht es einen einfachen strukturierten Approach, der allen Leuten zur Verfügung steht, der es ihnen ermöglicht, sich mal mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

LB:
Und dieser einfache Approach, wie Du ihn jetzt genannt hast, Deine einfache Möglichkeit, wieder CEO von deinem eigenen Leben zu werden. Da gibt es ja einen 3-Schichten-Plan. Erkläre uns doch mal kurz die Schritte, nimm uns da mal mit auf die Reise.

BB:
Warum habe ich dieses Dreischritt-Modell gewählt? Die meisten Tipps, die es gibt oder auch Approachs von Firmen, die sind zwar gut gemeint, aber die meisten fangen mit dem zweiten Schritt an, nicht mit dem ersten. Was meine ich damit? Der zweite Schritt ist oft, was kann ich damit machen, was habe ich für Optionen? Und ehrlich gesagt, in vielen Firmen, auch, bei denen ich gearbeitet habe, HP, Dell, Google, ist es oft so, dass die Leute dann irgendwie auf eine HR-Seite gehen und schauen, was für Kurse gibt es jetzt? Da kann man Teilmanagement-Kurse wählen, man kann Rhetorikkurse wählen, Präsentationskurse oder was auch immer. Ist immer so ein bisschen das Gleiche. Aber das ist eben der zweite Schritt, was man jetzt machen könnte.

Der erste Schritt ist eben der Wichtigste: herauszufinden, wer bin ich? Das ist wie beim Hausbau. Man kann nicht mit der Mauer oder mit dem Dach anfangen. Man kann es dann nirgends hinstellen. Man muss mit dem Fundament anfangen und das Fundament, das ist der erste Schritt in meinem Approach, ist herauszufinden, wer bin ich, auf was lege ich Wert? Welchen Erfahrungen möchte ich und warum aus dem Weg gehen? Diese Sachen sind enorm wichtig, weil, wenn man das mal geklärt hat, dann ist es nachher einfacher, in diesem riesigen Dschungel von Möglichkeiten das Richtige herauszufinden und das Richtige für den richtigen Zeitpunkt.

Es gibt Sachen, die sind gut, aber vielleicht nicht jetzt, sondern später. Da braucht es einfach eine gewisse Ordnung. Der erste Schritt ist im Prinzip ein doppeltes Mindmap. Warum ein doppeltes Mindmap? Ich empfehle immer, ein A3 Papier zu nehmen, weil A4 ist dann immer zu klein. Einfach mal zwei Mindmaps machen, das eine für privat und das andere fürs Geschäft oder für die berufliche Karriere. Und dann einfach mal explorativ alles hinschreiben, was einem in den Sinn kommt. Aspirations, Ängste, Stärken, Schwächen, unkontrolliert alles hinschreiben.

Ich habe in meinem Buch auch ein paar Fragen. Es gibt Leute, die dann sagen, ich weiß gar nicht, wie anfangen? Da habe ich so zwei Seiten mit Fragen, die einem helfen, dieses Mindmap auszuführen. Hier geht es noch nicht darum, herauszufinden, ja, kann ich denn das finanzieren oder was sagt mein Partner dazu oder geht das überhaupt? Das kommt dann im zweiten Schritt. Der erste Schritt ist, wirklich mal privat und Business aufzumappen. Das ist halt wichtig, dass es visuell ist, weil, wir wissen alle, unser Geschehen funktioniert vor allem visuell sehr gut.

Die Stärke dieses visuellen Approaches liegt dann darin, wenn man nachher mit diesen Challenges zusammensitzt. Weil, die müssen dann das auch anschauen. Man soll dann das eigene Doppel-Mindmap diesen Leuten erklären und die sollen einen dann challengen. Ich gebe mal ein kleines Beispiel, was dort so herauskommen kann. Ich hatte mal einen 25-jährigen Google Mitarbeiter aus London, der mit mir das PDP, den Personal Development Plan, gemacht hat und auf seinem Mindmap stand auf der einen Seite, er möchte so schnell wie möglich im Ausland arbeiten. Etwas weiter unten stand dann aber, ich möchte so lange wie möglich in London bleiben, weil meine Großmutter noch hier ist. Sie ist krank und solange sie lebt, will ich hier sein. Und diese Widersprüche, die muss man eben herausfinden und die findet man meistens nur heraus, wenn man das mal aufzeichnet. Weil, an einem Tag hat er geträumt ins Ausland zu gehen, am anderen Tag war für ihn wieder klar, er bleibt natürlich in London, solange seine Großmutter hier wohnt und noch lebt.

Das war so dieses Silo-Dreaming. Und das Denken in Silos ist einfach nicht gut, weil es gibt halt Widersprüche und dadurch, dass wir das aufgezeichnet haben auf diesem Mindmap, konnte ich dann mit zwei Fingern sagen, das hier beißt sich mit dem. Und du hättest ihn sehen sollen, es war ihm eigentlichen im Unterbewusstsein schon bewusst, aber es war ihm nicht wirklich bewusst im Alltag und als ihm das klar wurde, hat er gesagt, ja, das geht nicht. Da habe ich gesagt, ja, das geht nicht, das müssen wir dann eben im zweiten Schritt klären, wie man das lösen kann.

LB:
Okay, das ist jetzt dieses Mindmap, das ist der erste Schritt. Das ist ja Dein PDP, wie Du den nennst, Personal Development Plan. Okay, wie geht es jetzt im zweiten Schritt weiter?

BB:
Genau, der zweite Schritt dieses PDP ist dann das ganze Doppel-Mindmap. Das man mit drei verschiedenen Leuten, also nicht alle drei Challenges gleichzeitig, sondern separate Meetings mit diesen Leuten hat. Wenn man das gemacht hat, dann muss man das Ganze in ein LiveCycle-Modell transformieren. Einfach drei Abschnitte machen, kurzfristig, mittelfristig, langfristig und dann diese Sachen, die Erkenntnisse von diesem Doppel-Mindmap in diese drei Bereiche übertragen.

Warum ist es wichtig? Dort gibt es zum ersten Mal eine Zeitachse. Das heißt, man muss priorisieren. Und in all den Jahren, ich mache es jetzt elf Jahre lang schon, passiert bei allen Leuten immer das gleiche. Es ist viel zu viel im ersten Lebensabschnitt, das heißt im Kurzfristigen. Das ist auch etwas, wir wissen ja, man kann nicht zu viele Sachen gleichzeitig machen und wenn man es trotzdem tut, dann kommt es nicht gut raus. Das wissen wir alle, es ist eine Lebensweisheit.

Der Punkt nur, zwischen Theorie und Praxis klafft halt oft ein Unterschied. Man kann es den Leuten zwar sagen, das bringt aber nichts, die Leute müssen es sehen. Wenn sie dann wieder zu mir kommen mit diesem LiveCycle-Modell, dann sieht man, im ersten LiveCycle ist viel zu viel drin und wenn man die Leute dann challengt, ist da nicht etwas viel drin? Dann realisieren die Leute selber, dass sie einfach viel zu viel gleichzeitig machen wollen und das visuell zu sehen in eigener Handschrift, also, die haben das alles selber dorthin hingeschrieben. Da kann man gar nicht mehr entweichen, sondern muss einfach eingestehen, ja, ich habe ein schlechtes oder kein Time-Management. Ich will zu vieles gleichzeitig. Dann fangen die Leute von alleine an, gewisse Sachen entweder nicht zu machen oder es in den nächsten Lebensabschnitt zu schieben. Es ist dann nicht weg, es ist einfach eine temporäre Partie.

LB:
Die gleiche Erfahrung habe ich auch, ich mache ja meine „Mach Dein Ding“-Selbstmanagement Workshops. Da sitze ich immer mit Leuten zusammen und genau die gleiche Erfahrung mache ich auch. Es wird auch erstmal so ein Brainstorming gemacht. Ich mache es ein bisschen anders als Du jetzt, aber hinterher geht es dann nämlich darum, Prioritäten zu setzen und ich sage immer, von den Zielen wirklich maximal 15 noch zu behalten. Und die dann auch in so einen Zeitstrahl zu bringen und das ist immer so, am liebsten alles sofort, obwohl es ganz klar ist, dass das gar nicht funktionieren kann.

BB:
Genau, das ist so. Hier ist halt wirklich wichtig, dass man das eben wieder sieht, weil reden kann man viel, aber schlussendlich, wenn man das sieht, dann haben die Leute wirklich die Einsichten und sagen ja, jetzt sehe ich es selber, warum ich die letzten drei, vier Jahre eigentlich viel gearbeitet habe, aber nichts erreicht habe.

LB:
Sehr gut, so, dritter Schritt?

BB:
Wenn man das hat, dann hat man so diese Priorisierung kurz-, mittel- und langfristig. Es gibt nämlich Sachen, die sind vielleicht ganz weit weg, die sind im langfristigen Teil, aber auch das muss man sich gut überlegen. Zum Beispiel, wenn jemand sagt, ich möchte, wenn ich etwas älter bin, mal vielleicht an der Uni unterrichten. Das ist ja schön, wenn man das will, aber da gibt es vielleicht gewisse Bedingungen, die man erfüllen muss und die muss man natürlich eine Lebensphase vorher machen und erfüllen. Also, in der Lebensphase X, damit man in der Lebensphase X+1 das dann auch tun darf.

Oder ein anderes Beispiel, wenn jemand sagt, ich möchte Scooter Driver Teacher sein, also irgendwo mal Tauchkurse geben, dann ist das auch schön, aber das hat auch Bedingungen. Man muss gewisse Kurse vorher gemacht haben, viele Sachen kann man nicht einfach einschalten über Nacht. Da gibt es Sachen, die man vorher gemacht haben muss und darum ist es halt wichtig, dass man das gesamte Paket mal anschaut. Was muss ich in der mittleren Lebensphase machen, damit ich in der späteren Lebensphase vielleicht mehr Freiheit habe, mehr Möglichkeiten habe oder auch nicht mehr von einem Fulltimejob abhängig bin.

Wenn man das mal hat, dieses Verständnis hat und idealerweise das auch mit dem Lebenspartner, wenn man einen hat, natürlich teilt, dann weiß man eigentlich ziemlich genau, was ich jetzt machen muss als nächsten Schritt. Vielleicht gibt es eine Aktion für den aktuellen Lebensabschnitt, etwas, was ich vielleicht nächstes Jahr in meinem Job verbessern möchte, aber auch vielleicht eine Aktion, die für später wichtig ist. Zum Beispiel die ersten Tauchkurse besuchen, damit ich dann in zehn Jahren, wenn die Kinder zum Beispiel erwachsen sind und ich auch nicht mehr so viel Geld brauche, da kann ich vielleicht einen Job annehmen, bei dem ich nicht mehr so viel verdiene, aber vielleicht viel mehr Freude habe.

Dieses Gesamtverständnis, das muss man haben. Diese Vogelperspektive muss man haben und dann fällt es einem dann plötzlich relativ einfach, die nächsten zwei, drei Schritte zu bestimmen. Und das ist dann dieser letzte Teil, diese „next steps“. Die sind dann einfach, wenn man Schritt eins und zwei sauber durchgearbeitet hat.

LB:
Die Erfahrung kann ich genauso bestätigen. Jetzt ist aber eine riesen Herausforderung bei dieser ganzen Planung, was ich immer mitkriege, das Dranbleiben im Tagesgeschäft. Ich mache es jetzt, bin auch total motiviert. Wie stellst Du sicher oder welche Tipps hast Du, dass man wirklich auch diese Motivation mit ins nächste Jahr, ins übernächste Jahr und vielleicht in fünf Jahre noch mitnimmt?

BB:
Das sind zwei Sachen. Die eine ist, man hat ja diese drei Challenges ausgewählt. Das heißt, man muss sich bei diesen drei Challenges ja im Prinzip outen, das heißt, man erklärt ihnen, warum man dieses PDP machen will und warum man den Support, diese Challenge braucht und das gibt schon ein bisschen Druck. Weil, es sind drei Leute, mit denen man das geteilt hat. Ich empfehle, dass man es jedes Jahr mit denen wieder mal macht, in einer Kurzversion natürlich. Man muss nicht alles von A bis Z durchdiskutieren, aber einfach wieder mal ein bisschen draufschauen und gibt es Veränderungen?

Es kann natürlich auch Änderungen geben. Wenn man plötzlich zum Beispiel arbeitslos wird oder eine Scheidung hinter sich hat, dann ist die Situation vielleicht ein bisschen anders plötzlich. Solche Sachen muss man natürlich berücksichtigen. Aber schon die Tatsache, dass man es mit drei Leuten geteilt hat, gibt so ein kleines bisschen Druck, dass man sich nicht einfach drücken kann, einfach verstecken kann, weil die Leute wissen, dass man da Sachen machen will.

Ein zweiter Tipp ist, das hast Du ja bei uns im Evernote Büro auch gesehen. Make thinks public! Ich habe die Sachen, die ich machen will, dort an einem Whiteboard aufgeschrieben. Somit wissen es alle in der Firma, das gibt auch ein bisschen peer pressure, dass man sich einfach nicht davor drücken kann, weil es steht irgendwo, andere Leute wissen das.

Das sind so die zwei Tipps, die mir selber am meisten geholfen haben. Natürlich kann man es sich im eigenen Kalender eintragen, aber da kann ich das auch ganz einfach wegklicken. Aber sobald es eben Andere wissen und ich auch Commitments mache und sage, bis dann gebe ich euch ein update, dann kann man es nicht einfach wegklicken. Das hat mir zumindest am meisten geholfen.

LB:
Ja, das kriege ich auch mit bei meinen Teilnehmern. Wir bilden dann MDD-Buddies, dass man sich untereinander verantwortlich hält für die Ziele, die man sich da vornimmt und regelmäßig da reportet. Das finde ich auch wichtig. Beat, erstmal vielen Dank für die Einblicke in Dein neues Buch, super spannend. Du bist, was ich ganz toll finde und obwohl es in Englisch ist, bist Du nicht der amerikanischen Literaturgepflogenheit gefolgt und hast es aufgebläht bis ins Dorthinaus, sondern, es ist wirklich ganz knapp und präzise geschrieben. Ich habe es an einem Abend durchgelesen, kann ich nur jedem empfehlen. Wie gesagt, wir verlinken das hier im Artikel zu dem Interview.

BB:
Vielen Dank.

LB:
Ja, sehr gerne: Kommen wir zu den Schlussfragen. Hier bitte ich immer um kurze präzise Antworten. Beat, welcher ist Dein wichtigster Produktivitätstipp?

BB:
Ich habe DNS in meinem Kalender. DNS steht für “do not schedule”. Das heißt, ich habe ein paar Mal in der Woche ein bis zwei Stunden drin, die man mich nicht buchen kann. Dort bin ich auch zum Teil gar nicht im Office und auch nicht auf dem Handy erreichbar. Es braucht diese Denkzeit.

LB:
Was machst Du, um abzuschalten?

BB:
Entweder lese ich irgendwelche spannende Artikel oder in den allermeisten Fällen gehe ich einfach nach Hause und spiele mit meinem fünfjährigen Sohn.

LB:
Welche Apps oder welchen Internetdienst kannst Du der „Selbstmanagement.Digital.“- Community empfehlen? Evernote natürlich ausgenommen.

BB:
Hier ist es bei mir wirklich, je weniger, je besser. Ich arbeite vor allem mit Google Sheets, G-Drive, G-Suite und mit Evernote, diese zwei Sachen zusammen. Mit allem anderen habe ich aufgehört.

LB:
Welches Buch hat Dich als Unternehmer und Mensch am meisten geprägt?

BB:
Das Buch von Cal Newport, das heißt „Deep Work“. How to stay successful in a world of distractions. Finde ich fast, sollte man in der Schule als obligatorisch erklären.

LB:
Ja, ist absolut wahr, ist auf meiner Leseliste für 2017 drauf, auf meinem Blog. Gibt es mittlerweile auch in Deutsch, habe ich mir sagen lassen.

BB:
Gut, das wusste ich nicht.

LB:
Werden wir hier auch verlinken. Ich meine, gibt es mittlerweile auch in Deutsch. Welches ist denn der beste Ratschlag, den Du jemals erhalten hast?

BB:
Den hat mir der Google Europa Chef, Matt Brittin, gegeben. Er hat mich übrigens auch dazu gebracht, dieses Buch zu schreiben. Er fand diesen PDP Approach so gut, dass er gesagt hat, please publish a book, I’m the first one, who will buy it. Er hat mir gesagt, nie mehr als drei Sachen pro Quartal fokussieren.

LB:
Super, okay, wie kann denn jetzt die „Selbstmanagement.Digital.“- Community mit Dir in Kontakt treten?

BB:
Ja, das Einfachste ist, einfach auf meine Webseite www.swiss-pdp-approach.com, das ist die Webseite meines Buchs und dort gibt es auch ein Formular und ich verspreche, in 24 Stunden zu antworten, spätestens.

LB:
Alles klar, okay, ja Beat, vielen Dank, hat sehr viel Spaß gemacht.

BB:
Vielen Dank.

LB:
Jetzt werden einige sagen, kommt denn da auch nochmal was zu Evernote? Ich kann Euch sagen, für nächstes Jahr hat Evernote, also für 2018, hat Evernote einige super interessante Sachen gerade im Businessbereich geplant und Beat, meine herzliche Einladung an Dich. Wenn das dann alles rauskommt und live ist, dass man da vielleicht nochmal ein Interview zu Evernote Business dann machen?

BB:
Das ist versprochen, machen wir so.

LB:
Super, Beat, freue ich mich sehr drauf. Vielen Dank in die Schweiz nach Zürich und Euch wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben, ciao.

Noch eine Empfehlung zum Schluss:

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